Die ausgestellten Fotografien, die Josef Pailer, ein Offizier der österreichisch-ungarischen und deutschen Armee, auf Kriegsschauplätzen des Ersten und Zweiten Weltkriegs machte, stellen nur einen Bruchteil der umfangreichen Arbeit dar, mit der er die schicksalhaften historischen Ereignisse in Wort und Bild festgehalten hat. Das auf diese Weise entstandene Ausstellungsmaterial verdient – aufgrund seiner Aussagekraft insbesondere im Museum Kobarid – einem breiteren Publikum präsentiert zu werden. Es gibt Aufschluss über den Gebirgskampf, wie ihn der Offizier aus Graz in den Einheiten erlebte, in denen deutschsprachige Landsleute und Slowenen aus der (österreichischen bzw. slowenischen) Steiermark überwogen. Mehr als 29 Monate, bis zur Niederlage der italienischen Armee bei Karfreit, verbrachte Josef Pailer im gemischtsprachigen Gebiet in der Nähe von Tarvis und oberhalb des Gailtals. Auch sein Bruder Peter gehörte einem Regiment zusammen mit Slowenen an – dem 27. Infanterieregiment.
Nach der Niederlage und dem Ende des Krieges und nach der Gründung neuer Staaten wurde Josef Pailer ein Nachbar auf der anderen Seite der Grenze, doch nur für zwei Jahrzehnte. Trotz regimefeindlicher politischer Überzeugung überschritt er diese als Angehöriger der Armee des Dritten Reichs beim Angriff auf das Königreich Jugoslawien am 6. April 1941 mit seiner Einheit und war daraufhin im besetzten Marburg in einer ehemaligen Kadettenschule für die Truppenausbildung beauftragt. Im steiermärkischen Stellungsgebiet waren die Einheiten der deutschen Armee natürlich auch damals gemischtsprachig. Zusammen mit seinen Landsleuten und slowenischen Kriegskameraden erlebte er bald die Schrecknisse der russischen Front. Nach der Kapitulation Italiens Ende 1943 befand er sich mit Überlebenden schon zum zweiten Mal in Tarvis. Zum Glück nur für kurze Zeit, sodass ihm das allenfalls längere dunkle Kapitel des Kampfes mit slowenischen Partisanen erspart geblieben ist.
Die „Nachbargeschichte“ bietet dem Ausstellungsbesucher nicht nur Material von hohem dokumentarischem Wert, sondern auch zahlreiche Fragestellungen und die Gelegenheit, über die häufig einseitige und stereotype Interpretation der historischen Ereignisse nachzudenken. Sich in die Lage des Nachbarn versetzend wird er vielleicht Antworten bekommen, die seinen Blick auf die Vergangenheit ergänzen und erweitern werden.