"One must have a mind of Winter to regard the frost and the boughs of the pine-trees crusted with snow […]", lautet die erste Zeile in dem Gedicht "The Snow Man" des US-amerikanischen Dichters Wallace Stevens. Das für die Ausstellung titelgebende Zitat umspannt die Atmosphäre, in der sich John Zuriers neue Arbeiten bewegen. Für seine Ausstellung in Berlin hat John Zurier eine Gruppe großformatiger und kleinformatiger Malereien produziert.
In die Arbeiten fließen Erfahrungen ein, die der Künstler letztes Jahr im Winter machte, als er einige Zeit in der Wohnung eines Freundes in Reykjavik wohnte. Licht war spärliches Gut, da das Tageslicht nur knappe vier Stunden währte und zudem die meisten Lampen in der Wohnung nicht funktionierten. Zurier empfand diesen Mangel an Licht, nach einiger Gewöhnung schließlich als wertvoll und konnte, der Dunkelheit dieses tiefen Winters eine Schönheit abgewinnen. Er entwickelt ein neues Gespür für Winter, einen "Wintergeist". Das seltene, durch den Schnee gefilterte, körnige Licht, das durch die Fenster fiel, war Impuls für viele Arbeiten, die in der Ausstellung zu sehen sind.
In seinen abstrakten, nahezu monochromen, Malereien fängt Zurier, seit über zwei Jahrzehnten, die Erinnerung an flüchtige Phänomene ein wie das Zusammenspiel von Licht und Farbe zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort. So sind Licht und Farbe, Landschaft aber auch Gedichte und Musik ein wichtiger Resonanzraum für die Entwicklung seiner Arbeiten.
Sein malerischer Prozess ist intuitiv und spielt mit der Spannung zwischen intentionalen Gesten und Zufall. Schicht für Schicht setzt er abwechselnd undurchsichtige und durchscheinende Farben über- und aneinander, wäscht die Farben aus und kratzt sie an bestimmten Stellen wieder herunter. Auch wenn der Pinsel mit leichter Hand über die Leinwand streicht, macht die Konsistenz des dünnen Auftrags den Prozess sichtbar, jeder Strich und Tupfer des Pinsels ist präsent und betont die Topographie der Leinwand. Farbe, Pinselführung, Zeit und Raum kommen zu einer Einheit zusammen und scheinen ein bestimmtes Licht aus den Tiefen der Erinnerung zu erzeugen. Zurier's Betonung des Einfachen, Unperfekten, Suggestiven und Prozesshaften lassen sich insbesondere auf seine Auseinandersetzung mit japanischer Ästhetik und ihren Prinzipien zurückführen, die eng mit der Vorstellung von der Schönheit der Vergänglichkeit verknüpft sind. Stevens' Gedicht endet mit der Zeile, "For the listener, who listens in the snow, and, nothing himself, beholds nothing that is not there and the nothing that is". Nichts zu sehen, das nicht ist und das Nichts, das ist. In gleicher Weise sind Zurier's lyrische Malereien offen, ihre Physis und ihre Metaphorik sind freigelegt in all ihrer lyrischen Vieldeutigkeit.
John Zurier wurde 1956 in Santa Monica, Kalifornien, geboren und lebt und arbeitet in Berkeley, Kalifornien und Reykjavik, Island. Einzelausstellung von Zuriers Arbeiten waren kürzlich u.a. in The Club, Tokyo (2017), im New Mexico Museum of Art, Santa Fe (2016) und im UC Berkeley, Art Museum and Pacific Film Archive (2014) zu sehen. Zurier nahm 2012 an der 30. São Paulo Biennale teil; sowie an der California Biennial, Orange County Museum of Art (2010); der 7. Gwangju Bienniale (2008) und der Whitney Biennale (2002). Seine Arbeiten wurden zahlreichen in Einzelausstellungen sowohl in den USA als auch in Europa und Japan gezeigt und sind Teil zahlreicher öffentlicher Sammlungen wie UC Berkeley, Art Museum and Pacific Film Archive; Moderna Museet, Stockholm sowie San Francisco Museum of Modern Art. Im Jahr 2010 erhielt er das John Simon Guggenheim Stipendium. Ein Überblickskatalog seiner Arbeiten von 1981-2014 mit einem Essay von Robert Storr wurde 2015 veröffentlicht. Dies ist seine vierte Ausstellung in der Galerie Nordenhake.