Mit dem Titel seiner dritten Ausstellung in der Galerie Nordenhake Berlin verweist Ryan Mrozowski auf das Roland Space echo, ein 1974 auf den Markt gebrachtes tonbandbasiertes Effektgerät, das der Aufnahme von Echo- und Verzögerungseffekten dient. Ein Magnetband bewegt sich in einer Endlosschleife über einen Aufnahmekopf und mehrere Wiedergabeköpfe, wodurch das Signal mit Verzögerungen mehrfach reproduziert wird. Ein Teil des entstehenden Echos wird erneut aufgenommen und reproduziert. Es entsteht ein Feedback-Loop — ein sich selbst verstärkender und verändernder Kreislauf.
Eine vergleichbare Bewegung der Wiederholung und Variation vollzieht Mrozowski mit seinen Split paintings. Sie zeigen das immer gleiche florale Motiv in opulenten kontrastierenden Farben. In jedem Teil seiner meist als Diptychon oder Polyptychon angelegten Arbeiten spart er Flächen aus, die in den anderen Bildteilen ausgefüllt sind. Erst die Kombination erzeugt ein vollständiges Bild. Manche Arbeiten wirken zunächst wie abstrakte Muster, lassen den ursprünglichen Bildgegenstand kaum mehr erahnen. Farben flimmern und verschwimmen. Das Motiv zerfällt durch die Leerstellen, wird aber gleichzeitig durch die anderen Bildteile vervollständigt. Wie bei einem Echo versuchen wir, zu einem Ursprung zurückzukehren, der allerdings aufgrund der Abweichungen, die sich zwangsläufig in der malerischen Wiederholung ergeben, nicht mehr zu erkennen ist. Die raue Leinwand scheint an vielen Stellen durch. Mit ihrer groben, körnigen Struktur und den sichtbaren, kleinen Webfehlern im Stoff erinnert sie an das organische Rauschen analoger Tonbandaufnahmen und betont den physischen Herstellungsprozess der Bilder.
Die Arbeiten bewegen sich mühelos zwischen rigider Form und Auflösung. Einen stillen Höhepunkt findet das Auseinanderbrechen des Motivs in der einzigen einteiligen Arbeit, einem „Puzzle-Bild“ aus roher Leinwand, welches wiederum am Anfang von Mrozowskis malerischem Repetitionsprozess stand. Das florale Motiv ergibt sich hier aus der Anordnung einzelner Holzteile, die mit unbehandelter Leinwand bespannt, und mit deutlichen Abständen und Lücken in einen Bilderrahmen eingepasst sind. Das monochrome Arrangement findet in den leuchtenden Rot-, satten Grün- und strahlenden Blautönen der anderen Arbeiten einen entfernten und vibrierenden Nachhall.
Mrozowski verweist mit seiner Malerei nicht zwangsläufig auf eine Realität außerhalb ihrer selbst, vielmehr schafft er ein selbstreferenzielles System. Seine Bilder werden zu einer Störung unserer automatisierten Wahrnehmung. Entscheidend für den Erfolg des Space Echos war schließlich die Verzerrung von Klängen, nicht ihre realistische Reproduktion. Die Bemühung, eine Logik in der Wiederholung, der Dekonstruktion und Verfremdung des alltäglichen, fast banalen Motivs zu finden, mündet in der Suche nach einem visuellen Rhythmus. Zusammen erzeugen die Bilder eine dynamische Bewegung des Blicks und eine sich immer weiter wandelnde und überlagernde Komposition im Raum.
Ryan Mrozowski, 1981 in Indiana, PA geboren, lebt und arbeitet zwischen Hudson und Brooklyn, NY. Er erhielt seinen MFA vom Pratt Institute, NY, im Jahr 2005 und seinen BFA von der Indiana University Pennsylvania im Jahr 2003.
Mrozowski hatte zahlreiche Einzelausstellungen in internationalen Galerien, zuletzt in der i8 Gallery, Reykjavik (2022), Ratio 3, San Francisco (2021), Chapter New York (2019), Simon Lee Gallery, London (2018), Hannah Hoffman Gallery, Los Angeles, CA (2018), Arcade, London, UK (2016) und Pierogi, Brooklyn, NY (2012 und 2010). Seine Arbeiten waren in Gruppenausstellungen im Museo Tamayo Arte Contemporáneo, México-City (2020), am Pratt Institute, New York (2017), Art in General, Vilnius (2014), Practice Gallery, Philadelphia, PA (2013), Kansas University Art & Design Gallery, Lawrence, KS (2012) und The Kitchen, New York (2011) zu sehen. Dies ist seine sechste Ausstellung in der Galerie Nordenhake.