Ob Goethes „Faust“, die „Arche Noah“, die Märchen der Gebrüder Grimm, Hauffs „Kalif Storch“ oder Erzählungen von Heinrich Kleist – Josef Hegenbarth (1884-1962) hatte sie alle auf seinem Schreibtisch. In seinem Dresdner Haus, das er seit 1921 bewohnte, illustrierte er die Klassiker der Weltliteratur. Kaffeehausszenen, exotische Tiere im Zoo oder Akrobaten im Zirkus – Hegenbarth hauchte ihnen mit wenigen prägnanten Tuschestrichen Leben ein.
Heute ist die Tinte in den kleinen Glasfässchen in seinem Atelier längst eingetrocknet. Doch abgesehen davon haben seine Wohn- und Arbeitsräume in der Dresdner Calberlastraße 2 im Stadtteil Loschwitz sich seit seinem Tod nur wenig verändert: Neben unzähligen illustrierten Büchern und Hegenbarths Malutensilien steht sein Arbeitstisch mit Blick auf den Elbhang, Es war seine Witwe Johanna Hegenbarth, die das Haus samt Nachlass dem Kupferstich-Kabinett vererbte – mit der Auflage, es der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Nach einer behutsamen Renovierung eröffnete das Josef-Hegenbarth-Archiv im Jahr 1998: Geführte Gruppen können im 2. Obergeschoss in das Lebens- und Arbeitsumfeld des Künstlers eintauchen, während im 1. Geschoss fünf Ausstellungsräume eingerichtet wurden, die Wechselausstellungen zu Hegenbarth und anderen Grafikern, Zeichnern und Illustratoren seiner Zeit bis hin zu Gegenwartskünstlern sowie Workshops und Lesungen Platz bieten. Außerdem beherbergt das Haus den umfangreichen künstlerischen und archivalischen Nachlass Hegenbarths von mehr als 13.700 Kunstwerken (Zeichnungen, Druckgrafiken und Gemälde), Publikationen, seine Bibliothek, Fotografien sowie den Schriftwechsel.