Mit There Is No Place Before Arrival widmet die Kunsthalle Wien dem deutschen Künstler Olaf Nicolai eine umfangreiche Ausstellung. Nicolai arbeitet mit verschiedenen Materialien und schafft konzeptionelle Werke von großer inhaltlicher und sinnlicher Dichte. Er entwickelt vielfältige interdisziplinäre Projekte, die die elementaren Erfahrungen von Raum, Zeit und Körperlichkeit thematisieren.
Für eine temporäre, ortsspezifische Installation hat Nicolai Auftragsmaler verpflichtet, Bilder nach Vorlagen aus Zeitungsausschnitten auf dem Boden der Ausstellungshalle nachzuzeichnen. Auf diese Weise bildet sich eine begehbare Abfolge von Motiven; ein Tableau, das aus evokativen Bildern mit sowohl politischen als auch poetischen Konnotationen besteht. Durch die konzeptuelle Geste der Übertragung von Fotografien aus öffentlichen Medien in vergrößerte Kreidemalereien auf dem Boden werden diese Bilder in einen anderen Kontext eingebettet, was sich auf ihre Wahrnehmung und somit auch auf die Rezeption auswirkt.
Bezeichnend für Nicolais Methodik ist seine Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Kontext, in dem sein Werk gezeigt wird. Um diesen Kontext zu reflektieren und zu hinterfragen, setzt sich There Is No Place Before Arrival in Form interdisziplinärer Projekte fort, wodurch sich die Bezüge und Interaktionen zwischen den Werken und ihrer Umgebung vervielfältigen.
Unter dem Projekttitel media loop (#medialoop) wird die Ausstellung in Kooperation mit museum in progress im medialen und digitalen Raum fortgesetzt. Durch die Veröffentlichung von Fotografien der Bilder aus der Installation in internationalen Zeitungen und Zeitschriften sowie auf Instagram wird das Ausgangsmaterial einem kontextuellen Feedback-Loop ausgesetzt.
Im Sigmund Freud Museum ist das Werk Trauer und Melancholie (2009/12) zu sehen, eine arabische Übersetzung des Textes von Freud in Schrift- und Audioform. Präsentiert wird die originale Publikation zusammen mit einem Video, das die Komplexität des Übersetzungsvorgangs beschreibt und einen Einblick in die Vorbereitungen für die Lesung im Radio gibt.
Für das ZOOM Kindermuseum hat Olaf Nicolai einen Workshop für Kinder entwickelt, der auf dem Zeichenbuch für Kinder nach Motiven von Arnulf Rainer (2002) basiert. Nach Zeichnungen und Kollagen aus einer der Mappen von Rainer (Proportionsanordnungen, 1954) wurden für dieses Buch Vorlagen zum Aus- beziehungsweise Übermalen entwickelt.
Das Georg Fritsch Antiquariat bietet die perfekte Struktur zur Anknüpfung an Olaf Nicolais Interesse an experimenteller Literatur und dem Buch als Medium. Sowohl im Buchladen als auch im Schaufenster inszeniert Nicolai eine Intervention um das bahnbrechende Manifest Acht-Punkte-Proklamation des poetischen Actes von H.C. Artmann von 1953.
There Is No Place before Arrival in der Kunsthalle Wien läuft parallel mit zwei anderen Ausstellungen von Olaf Nicolai in der Kunsthalle Bielefeld (ab 15. Juni 2018) und im Kunstmuseum St. Gallen (ab 7. Juli 2018). Gemeinsam geben die drei Ausstellungen eine Übersicht über das facettenreiche Werk des Künstlers und reflektieren dabei seine interdisziplinären Konzepte der letzten zwanzig Jahre.
Olaf Nicolai (*1962) lebt und arbeitet in Berlin. Nach dem Studium der Germanistik an der Universität Leipzig arbeitet er seit 1990 als bildender Künstler. Neben der Teilnahme an Einzel- und Gruppenausstellungen war er auf der documenta X (1997) und documenta 14 (2017) vertreten und auf der 49., 51. und 56. Venedig Biennale (2001, 2005 und 2015). Für seine von der documenta 14 in Auftrag gegebene Arbeit In The Woods There Is A Bird... erhielt Olaf Nicolai 2017 den Karl-Sczuka-Preis für Hörspiel als Radiokunst.