Readymades aus alten Autositzen, innovative Karbonfasermöbel, handgeschweißte Stahlmöbel und skulpturale Serienprodukte: Die Entwürfe des weltweit bekannten Designers Ron Arad sprengen die Grenzen des Konventionellen. Mit der Einzelausstellung »Ron Arad: Yes to the Uncommon!« im Vitra Schaudepot gibt das Vitra Design Museum einen Überblick über sein breit gefächertes Werk. Die Präsentation umfasst viele frühe Entwürfe der 1980er Jahren, die eine ungezügelte Energie ausstrahlen und Arad zu einem internationalen Star der Designszene machten. Zugleich werden auch neuere Objekte gezeigt, in denen er seine experimentellen Ansätze unmittelbar auf Serienprodukte übertrug.
Einen Höhepunkt der Ausstellung in Weil am Rhein bildet die spektakuläre Maschine »Sticks and Stones« (1987), die Stühle und Objekte aus Metall »frisst« und als gepresste Würfel wieder ausspuckt - ein Vorgang der Dekonstruktion, mit dem Arad die Rolle des Designers in Frage stellt und gleichzeitig Konsumkritik übt. Die kürzlich restaurierte Maschine wird erstmals seit Anfang der 1990er Jahre wieder in Betrieb genommen. Sie wird während der gesamten Laufzeit der Ausstellung vor dem Vitra Schaudepot gezeigt.
Ron Arad wurde 1951 in Tel Aviv geboren und studierte an der Kunstakademie in Jerusalem sowie an der Architectural Association in London. Nach Abschluss seines Studiums 1979 arbeitete er für kurze Zeit in einem Londoner Architekturbüro, in das er eines Tages nach der Mittagspause nicht mehr zurückkehrte: Diese weitreichende Entscheidung markierte den Beginn einer beispiellosen Karriere, die bis heute von ständiger Suche nach Freiheit und neuen Wegen geprägt ist. Sein erstes Designobjekt baute Arad 1981 aus Rohrverbindern und einem auf dem Schrottplatz gefundenen Autositz eines Rover 90. Der »Rover Chair« erinnert an Marcel Duchamps Readymades und lenkte Arads Fokus erstmals auf den Bereich des Designs. Im selben Jahr gründete er das One Off Studio (1981-1991) mit Caroline Thorman und begann mit Werkstoffen wie Beton und Stahl zu experimentieren. Entwürfe aus diesen ersten Schaffensjahren vermitteln durch ihr grobes, schweres Aussehen oftmals einen subversiven Gestaltungsansatz, darunter die Stereoanlage »Concrete Stereo« (1983) und der »Horns Table« (1985).
Gezeigt wird auch der »Tinker Chair« (1988), der aus Stahlblech geschweißt und mit einem Hammer in die gewünschte Form geschlagen wird. Zusammen mit diesem Objekt entwarf Arad die bekannte Möbelserie »Volumes«, die ikonische Werke wie »Big Easy« (1988) und »Little Heavy« (1989) umfasst und später für den italienischen Möbelhersteller Moroso in verschiedenen Materialausführungen neu interpretiert wurde. Weitere Exponate sind der »Well Tempered Chair« (1986), der ausschließlich aus gebogenen Stahlblechen besteht sowie der wohl bekannteste Entwurf des Designers; das Bücherregal »Bookworm« (1993), das anfänglich aus Stahlblech gefertigt und später vom italienischen Möbelhersteller Kartell in Kunststoff auf den Markt gebracht wurde.
Mit seinen Arbeiten bricht Ron Arad nicht nur die herkömmlichen Grenzen zwischen Kunst, Design und Architektur auf. Er schafft es immer wieder, seine experimentellen und rebellischen Ansätze für die Serienfertigung und somit für den Massenmarkt nutzbar zu machen. Die Ausstellung zeigt hierfür Beispiele wie den »FPE Chair« (1997) für Kartell oder den Armstuhl »Tom Vac« (1997) für Vitra, und verdeutlicht die Verbindung zwischen diesen höchst erfolgreichen Industrieprodukten und frühen Werken des Designers.
Mit seinem Büro Ron Arad Associates, London, ist Arad heute in den Bereichen Produkt- und Möbeldesign, Innenarchitektur und Architektur tätig. Zu seinen bekanntesten architektonischen Werken zählen der Neubau für das Designmuseum Holon (2006-2010) und das Interior des Watergate Hotels in Washington (2012-2016). Auch sie zeigen Arads Lust an voluminösen Formen, rohen Materialien und geschwungener Formgebung: in der oft hochgradig kommerzialisierten Design- und Architekturlandschaft der Gegenwart ist noch immer Platz für widerspenstige Entwürfe, die sich den gängigen Erwartungen entziehen.