Der Gründungsdirektor des Lentos Kunstmuseum Linz Peter Baum war zwischen 1962 und 1973 Kunstkritiker, Kulturjournalist und Fotograf für österreichische Zeitungen und Magazine. In diesem Zeitraum dokumentierte er den für die österreichische Kunst so bedeutsamen gesellschaftlichen und künstlerischen Umbruch der 1960er- und 1970er-Jahre vor allem in den Bereichen performative, raum- und architekturbezogene Kunst. Zum Anlass der Veröffentlichung seines neuen Buchs en face überträgt Peter Baum der Sammlung des Belvedere eine Reihe von ausgewählten Fotografien, die nun in der Ausstellung im Belvedere 21 die Geschichte des vormaligen 20er Haus wieder aufleben lassen.
Für Fotografie interessierte sich Peter Baum von klein auf. In seiner Schulzeit etwa fotografierte er u. a. bekannte Burgschauspieler wie Attila Hörbiger, Josef Meinrad und Judith Holzmeister. Später, im Rahmen seiner journalistischen Tätigkeit und in vielen von ihm verfassten Ausstellungsberichten für österreichische Tageszeitungen, wurden Baums Künstlerporträts und Reportagefotos regelmäßig veröffentlicht. Eine markante Auswahl der zwischen 1962 und 1973 anlässlich von Pressekonferenzen und Eröffnungen im 20er Haus entstandenen Fotografien hat der inzwischen 75-jährige Zeitzeuge jüngst dem Belvedere in Form einer Schenkung überlassen.
Als Peter Baum 1974 die Leitung der Neuen Galerie der Stadt Linz übernahm, war er gerade einmal 34 Jahre alt und damit der jüngste Museumsdirektor in Österreich. Genau 30 Jahre später, im Jahr 2004, ging der 1939 geborene Wiener als Gründungsdirektor des von ihm entscheidend geprägten Kunstmuseums Lentos in den Ruhestand und kehrte in seine Geburtsstadt zurück.
Von 1962 bis 1973 war Peter Baum als Kunstkritiker und Kulturjournalist in Wien tätig und organisierte Ausstellungen für die Galerie auf der Stubenbastei sowie für die Galerie am Schottenring. Mit der Eröffnung des Museums des 20. Jahrhunderts unter Werner Hofmann im Jahr 1962 wurde der von Karl Schwanzer adaptierte ehemalige Österreichpavillon der Weltausstellung in Brüssel zum Maßstab für bildende Kunst in Wien. So wie Otto Mauer ab 1955 in der von ihm geleiteten Galerie St. Stephan sorgten Hofmann und nach ihm Alfred Schmeller nicht nur für die Öffnung und die internationale Vernetzung der österreichischen Szene, sondern auch für deren vitale Durchmischung mit einem zunehmend pluralistisch expandierenden Angebot.
Peter Baum hat die Künstler der damaligen Zeit, die im 20er Haus zugegen waren, fotografiert. Als Arnulf Rainer für die Pressekonferenz seiner großen Ausstellung 1968 spontan eine Selbstbemalung vornahm, konnte Baum ihn porträtieren. Eine der Aufnahmen illustrierte den Artikel zur Ausstellung, in dem Baum schrieb: „Arnulf Rainer: Ein Provokateur des Extremen. Eine Ausstellung im Museum des 20. Jahrhunderts, die man gesehen haben muss“ (OÖN, 20. September 1968).
„Rainer wollte die Arbeiten sehen. Ihm gefielen alle 40 ausgearbeiteten Schwarz-Weiß-Porträts, und er wollte sie erstehen. Nach dem Preis gefragt, habe ich einen sehr niedrigen Schillingwert pro Stück angegeben, aber auch gleichzeitig – die Chance nutzen wollend – um einen Tausch angefragt. Seine Assistentin zeigte mir einige Zeichnungen, von denen ich zwei auswählte. Der Wert dieser beiden frühen Arbeiten überstieg aber um 70 Prozent den von mir genannten. Arnulf Rainer wollte eine Aufzahlung, allerdings war ich so schlagfertig und konterte, dass ich ja vorhin nur die reinen Ausarbeitungskosten genannt hatte und inklusive Honorar auf dieselbe Summe käme. Dies gefiel ihm, und so bin ich noch heute im Besitz von zwei wunderbaren Arnulf Rainer-Zeichnungen“, so erzählt Peter Baum nur eine der zahlreichen Anekdoten zu den inzwischen historisch wertvollen Bilddokumenten.
Die Ausstellung im Belvedere 21 beginnt mit einer Gruppe von Fotos der Ausstellungseröffnung von Ernst Wilhelm Nay (1967), zeigt den großen spanischen Avantgardekünstler Antoni Tàpies anlässlich seiner Ausstellungseröffnung zusammen mit dem Direktor des Museums des 20. Jahrhunderts Werner Hofmann , 1968 und eine Fotodokumentation der Ausstellung Fernand Léger (1968). Wichtige dokumentarische Ansichten, die die Geschichte der Entwicklung von Ausstellungsdisplays und künstlerischen Tendenzen aufzeigen, stellen die Dokumentation von Besuchern im „Environment“ der Ausstellung LIVE von Haus-Rucker-Co (1970), die Ansichten der Schau Walter Pichler – Tragbarer Schrein (1971) oder der Eröffnung Der Mensch im Weltraum, 1970 dar. Die Aufnahmen von der Vernissage der Ausstellung Oswald Oberhuber – Die Anfänge des Informel in Österreich (1971) oder die Fotos und Porträts zu den Präsentationen von Roland Goeschl (1969) Arik Brauer (1971) und Friedensreich Hundertwasser (1972) sind ebenso wichtige zeithistorische Dokumente. Aufnahmen wie die vom Besuch des Architekten Richard Neutra (1969) das Foto von Peter Pongratz in der Ausstellung Adolf Loos für junge Leute (1970), die Konzertfotos von The Masters of Unorthodox Jazz oder die Porträts von Elfriede Jelinek, H. C. Artmann und Wolfgang Bauer, die Peter Baum 1970 anlässlich von Diskussionen, Lesungen und Veranstaltungen im 20er Haus aufgenommen hat, zeugen nicht zuletzt von einem Aufbruch der Disziplinen in diesen Jahren.