Die Ausstellung im Hauptgebäude des Vitra Design Museums gibt eine umfassende Übersicht über das Gesamtwerk und das Leben des Designerpaares. Mit einer großen Auswahl von Originalwerken – darunter Filme, Fotografien, Möbel, Zeichnungen, Skulpturen, Malerei, Textilien, Grafikdesign, Modelle und Requisiten – veranschaulicht die Retrospektive das kongeniale Zusammenspiel der Charaktere von Charles und Ray Eames, das die Grundlage für das kreative Schaffen des wohl erfolgreichsten Designerduos der Geschichte bildete.
Der erste Teil der Ausstellung dokumentiert den Beginn der Zusammenarbeit von Charles und Ray Eames. Als studierter Architekt war Charles Eames ein begnadeter Techniker, während Ray Eames, geborene Kaiser, in ihrem Studium der Malerei ein unfehlbares Gespür für Farbe, Komposition und Form entwickelt hatte. Die beiden lernten sich 1940 an der Cranbrook Academy of Art in Michigan kennen, heirateten ein Jahr später und eröffneten 1947 das Eames Office auf dem Washington Boulevard 901 in Venice/Kalifornien. Hier entstanden bis 1988 Hunderte von Auftragsarbeiten und eigene, oft experimentelle Projekte – von den frühen Arbeiten für das amerikanische Militär bis hin zu Filmen, Ausstellungen und Interieurs. Charles und Ray Eames bewegten sich mühelos zwischen den Disziplinen und arbeiteten mit führenden Persönlichkeiten der Zeit zusammen, darunter Saul Steinberg, Alexander Girard, Billy Wilder, George Nelson, Richard Buckminster Fuller, Eero Saarinen und Isamu Noguchi.
International bekannt wurden Charles und Ray Eames durch ihre Möbelentwürfe, die im zweiten Ausstellungsbereich präsentiert werden. Zunächst setzten sie sich mit dem Material Sperrholz auseinander, dessen Verformungsmöglichkeiten sie bis an die Grenzen ausloteten. Gegen Ende der 1940er Jahre wandten sie sich den immer populärer werdenden Kunststoffen zu und schufen die legendären Fiberglas- Möbel, die sich schon bald in vielen Haushalten und öffentlichen Einrichtungen fanden. In den Folgejahren entstanden Möbel wie der Lounge Chair, die Aluminium-Group-Möbel und die sogenannte Wire Series aus Drahtgitter, die heute als Meilensteine im Möbeldesign des 20. Jahrhunderts gelten. Bei der Entwicklung und Vermarktung ihrer Entwürfe kümmerten die Eames sich um jedes noch so kleine Detail – von der oft jahrelangen Entwicklungsarbeit, bei der sie eng mit der Firma Herman Miller zusammenarbeiteten, bis hin zur Gestaltung von Werbefotos, Drucksachen und Schauräumen.
Ein anderer Teil der Ausstellung ist den Interieurs und Bauten der Eames’ gewidmet. Das Designerpaar war fasziniert von Objekten der Volkskunst, die sie auf vielen Reisen zusammentrugen und in zahlreichen Interieurs mit ihren eigenen Entwürfen zu vielschichtigen Arrangements zusammenfügten. Beispielhaft hierfür ist das eigene Wohnhaus von Charles und Ray Eames, das 1949 als Teil einer Reihe von Case Study Houses entstand, mit denen neue Bau- und Wohnformen veranschaulicht werden sollten. Im Eames House inszenierten Charles und Ray Eames eine enge Verbindung von Arbeit und Privatleben, hier wurden eigene Entwürfe fotografiert, Filme gedreht, Kunden empfangen – hier also wurde der Mythos gestaltet, der das Werk der Eames’ schon bald umgab. Weitere Wohnhäuser entwarfen sie für John Entenza, den Herausgeber von Arts & Architecture und Initiator der Case Study Houses, für Max de Pree und für den Filmemacher Billy Wilder.
Die Möbel und Bauten, die zu den bekanntesten Werken von Charles und Ray Eames gehören, entstanden in einem Zeitraum von nur etwa 15 Jahren. Ab den späten 1950er Jahren befassten sich die beiden vor allem mit Ausstellungen, Filmen und multimedialen Installationen und wurden damit zu Pionieren des Informationszeitalters. Mit den Werken aus dieser Zeit befasst sich ein weiterer Teil der Ausstellung. So schufen die Eames’ einige der ersten multimedialen Film-Ton-Installationen, etwa den Film »Glimpses of the USA«, der 1959 auf sieben Großleinwänden auf der American National Exhibition in Moskau gezeigt wurde, oder die 22-teilige Diashow »Think« in dem von ihnen in Zusammenarbeit mit Eero Saarinen für IBM entworfenen Pavillon für die New Yorker Weltausstellung 1964. Im Jahr 1971 konzipierten und gestalteten die beiden »A Computer Perspective«, eine Ausstellung über die Geschichte des Computers, in der sie die bahnbrechenden Auswirkungen der Digitalisierung weitsichtig vorwegnahmen.
Insgesamt umfasst die Ausstellung über 500 Exponate, darunter die äußerst seltenen Schichtholzskulpturen von Ray Eames, Modelle des Eames-Hauses und des IBM-Pavillons, ein Nachbau der Rauminstallation der Eames’ für die Ausstellung »For Modern Living« sowie Medieninstallationen wie »Glimpses of the USA« oder »G.E.M«. Unter den Leihgebern sind die Library of Congress, Washington D.C., das Museum of Modern Art, New York, das Eames Office und viele andere Museen und Privatsammlungen. Die Ausstellung basiert auf einer Ausstellung des Barbican Centre London und wurde für ihre einzige Präsentation im deutschsprachigen Raum ergänzt und neu inszeniert.