Unter dem Titel „Bestandsaufnahme Gurlitt“ zeigen die Bundeskunsthalle in Bonn und das Kunstmuseum Bern zeitgleich zwei Ausstellungen mit unterschiedlichen thematischen Schwerpunkten des umfangreichen Werkkonvoluts aus dem Nachlass von Cornelius Gurlitt. Die in einen historischen Gesamtkontext eingebetteten Präsentationen basieren auf dem aktuellen Forschungsstand zum „Kunstfund Gurlitt“ und sind inhaltlich eng aufeinander abgestimmt. Während die Berner Schau sich mit etwa 220 Exponaten auf die Aktion „Entarteten Kunst“ konzentriert, widmet sich die Ausstellung in Bonn vor allem jenen Werken, die in enger Verbindung mit dem NS-Kunstraub stehen sowie den Schicksale der verfolgten, meist jüdischen, Künstler, Sammler und Kunsthändler.
Die Bundeskunsthalle zeigt rund 250 Werke, von denen die meisten NSverfolgungs-bedingt entzogen wurden oder deren Herkunft noch nicht geklärt werden konnte. Die einzelnen Kapitel werden durch eine durchlaufende Zeitleiste mit relevanten historischen Ereignissen zu einem großen Orientierungsrahmen und Hintergrund des Geschehens verbunden. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der wachsenden Entrechtung und Diskriminierung insbesondere der jüdischen Künstler, Sammler und Kunsthändler. Ihre Schicksale werden in einer Reihe von biografisch angelegten Fallbeispielen visualisiert.
Die Ausstellung in der Bundeskunsthalle ist in fünf übergreifende Kapitel gegliedert. Im Verlauf des Ausstellungsrundgangs sollen die komplexen Mechanismen der NS-Kulturpolitik sowie des strategisch organisierten NSKunstraubs offengelegt werden. Gleichzeitig wird der ambivalente Werdegang Hildebrand Gurlitts thematisiert und den Biografien Betroffener gegenübergestellt. Die Fallbeispiele wichtiger Protagonisten werden als deutlich gestaltete Ausstellungseinheiten mit Kunstwerken, Texten, Fotos und Archivalien inszeniert und finden sich im gesamten Ausstellungsrundgang wieder.
Die einzelnen Kapitel werden durch eine durchlaufende Zeitleiste mit relevanten historischen Ereignissen zu einem großen Orientierungsrahmen und Hintergrund des Geschehens verbunden. Die Themenschwerpunkte der fünf Kapitel beziehen sich auf unterschiedliche historische Zeiträume: Die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg und die Weimarer Republik, Deutschland nach der Machtergreifung 1933, insbesondere aber die Situation ab 1938, als durch den „Führervorbehalt“ die Grundlage für den beispiellosen und systematisch organisierten Kunstraub geschaffen wurde. Innerhalb der Zeit des Zweiten Weltkriegs 1939–1945 rücken vor allem die Aktivitäten in den von Deutschland besetzten Gebieten (vornehmlich Frankreich), in den Fokus, auf die der Führervorbehalt 1940 erweitert wurde.
Am Schluss der Ausstellung richtet sich der Blick zudem auf die unmittelbare Nachkriegszeit und den heutigen Umgang mit teils noch immer ungeklärten Fragen, die sich auf Restitution und Verantwortung beziehen, auf den Stellenwert von institutionalisierter Provenienzforschung und auf ein generelles Bewusstsein für die komplexen Zusammenhänge und Widersprüche auf diesem Gebiet. In einem in die Ausstellung integrierten Diskursraum wird die Problematik, die mit dem „Kunstfund Gurlitt“ und dem gesamten Themenfeld einhergeht, kontinuierlich mit unterschiedlichen Protagonisten und Experten diskutiert.