In den 1960er-Jahren bildete das Rheinland ein wichtiges Zentrum für ein revolutionäres Kunstgeschehen: Eine neue, international vernetzte Generation von KünstlerInnen widersetzte sich der traditionellen Kunst. Sie nutzte den Alltag als Inspirationsquelle und Alltagsgegenstände als Kunstmaterial. Sie ging hinaus in das städtische Umfeld. Sie durchbrach die Grenzen der Kunstdisziplinen und arbeitete zusammen mit MusikerInnen, LiteratInnen, FilmemacherInnen und TänzerInnen. Am Puls dieser aufregenden Zeit begann der Kölner Gemälderestaurator Wolfgang Hahn (1924-1987) die neue Kunst zu erwerben und zu einer vielschichtigen Sammlung mit Werken des Nouveau Réalisme, Fluxus, Happening, Pop Art und Konzeptkunst zusammenzutragen.
Wolfgang Hahn war Chefrestaurator des Wallraf-Richartz-Museum und des Museum Ludwig. Diese Perspektive prägte seinen Blick auf die zeitgenössische Kunst. Er erkannte, dass die neue Kunst um 1960 in ihrem Kern prozesshaft und performativ war. So besuchte er von Beginn an Veranstaltungen neuer Musik, Fluxus-Aktionen und Happenings. Er initiierte Arbeiten wie Daniel Spoerris Hahns Abendmahl von 1964, realisierte in seinem Wohnzimmer Lawrence Weiners Konzept A Square Removal from a Rug in Use von 1969 und kaufte nicht nur Konzepte und Partituren, sondern auch Audioarbeiten und 16-mm-Filme von KünstlerInnen.
Auf der anderen Seite begegnete er der zeitgenössischen Kunst mit einem historischen Bewusstsein. Als Zeuge von Aktionen und Happenings protokollierte er das Gesehene; er führte KünstlerInneninterviews, um mehr über die Herstellungsweise und künstlerische Haltung zu erfahren; und er sammelte gezielt Werke und Dokumente, die aus bestimmten Aktionskontexten stammten. So befinden sich sehr viele Objekte aus der legendären Ausstellung Nam June Paiks Exposition of Music. Electronic Television von 1963 in seiner Sammlung.
1978 kaufte die Republik Österreich die Sammlung Hahn an, die 2003 durch weitere Ankäufe vervollständigt wurde und sich im mumok – Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien befindet. Indem die Ausstellung im Museum Ludwig und im mumok erstmals die Sammlung Hahn als ein abgeschlossenes Zeitzeugnis betrachtet, ermöglicht sie einen neuen Blick auf die Kunst der 1960er- und 1970er-Jahre auch jenseits kunsthistorischer oder geografischer Einordnungen.