Diese Woche findet die 51. Art Cologne statt. WSI Autor Ralf Daab sprach mit dem Director Daniel Hug über die Messe, den aktuellen Kunstmarkt und die Aussichten für die Zukunft.
Dan, morgen wird die 51. Art Cologne eröffnet. Wie ist die Stimmung im Vorfeld?
Die Stimmung ist gut, auch bei den Galerien. Anscheinend hat die Überschneidung mit dem Gallery Weekend Berlin eine positive Auswirkung. Wir haben viel mehr Zusagen von internationalen Besuchern und ich weiß vom Material her, was die Galerien mitbringen für eine gute Messe sorgen wird. Ich bin ganz begeistert, das Angebot wird sehr schön. Wir haben einige kleinere Sachen an der Messe verfeinert und verbessert und wir haben ein paar Galerien umplatziert. Ja, ich glaube die Stimmung ist sehr gut.
Mit Gagosian, White Cube, David Kordansky und Daniel Templon stellen dieses Jahr weitere sehr bedeutende Galerien auf der Art Cologne aus. Lässt das den Rückschluss zu, dass die Art Cologne wieder zu den weltweit wichtigsten Kunstmessen zählt?
Ja natürlich, ich glaube wir gehören zu den Top 5 Kunstmessen weltweit. Man sollte den deutschen Kunstmarkt nicht unterschätzen mit der Dichte an Galerien, Kunstvereinen und Institutionen. Und auch die vielen wichtigen Künstler, die weltweit bekannt sind, die aus Deutschland kommen. Die Galerien Daniel Templon und White Cube sind nach 20 Jahren wieder auf der Messe vertreten. Die weltweit führende Galerie Gagosian wird zum ersten Mal auf der Art Cologne sein, was auch Zeit wird.
Wie beurteilst du die aktuelle Situation im nationalen und internationalen Kunstmarkt generell? Werden noch Top Preise erzielt wie vor einigen Jahren?
Im oberen Segment läuft es immer noch sehr gut, auch im ganzen niedrigen Segment. Also bei den sehr jungen Galerien laufen die Geschäfte gut und bei den ganz großen. In Deutschland ist es ein bisschen anders als auf anderen Messen. Mit Gagosian, White Cube, David Zwirner, Thaddaeus Ropac, Hauser & Wirth, Michael Werner und Sprüht Magers haben wir alle wichtigen Mega Galleries auf der Messe. Darüber freue ich mich.
Man hat den Eindruck dass Kunstmessen immer mehr zu Events werden und ein „Kunsttourismus“ in den letzten Jahren entstanden ist. Spürt die Art Cologne auch, dass immer mehr internationale Besucher, sprich Top Sammler, nach Köln kommen?
Schauen wir mal. Es sind einige Top Sammler, die kommen und auf die wir uns freuen. Aber die meisten dieser Mega Galerien machen eigentlich die Art Cologne mit für Kontakte zu Museen, Kuratoren und Institutionen. Deutschland ist im Vergleich mit anderen Regionen nicht der stärkste Ort für Megaverkäufe. Kunst über eine oder ein paar Millionen Euro verkauft sich nicht sehr einfach auf der Art Cologne. Letztes Jahr hat die Galerie David Zwirner zwei Arbeiten von Yayoi Kusama, ich glaube für 800.000 €, verkauft. Die Stärke auf der Art Cologne ist die Sammlerschaft aus der Mittelschicht, also Ärtze, Anwälte und professionelle Leute, die zwischen 50.000 und 150.000 € für Kunst ausgeben. Davon haben wir Tausende. Es wird spannend zu sehen, wer noch dazu kommt und ob wir auch diese 1 % Top Sammler erreichen.
Stichwort PR und Social Media: Viele Galerien haben es schwer und auch etablierte Galerien müssen zunehmend sehen, wie sie ihre Sammler, vor allem neue, erreichen. PR und Social Media ist heutzutage in allen Branchen sehr wichtig. Müssen auch Galerien mehr in dieser Richtung denken und tun?
Interessanter Weise spielt Instagram eine große Rolle, Twitter nicht so viel, also wir machen kein Twitter. Wir machen auch kein Facetime oder Whatsapp. Wir haben Facebook und Instagram. Social Media spielt eine wichtige Rolle für Presse, für Kommunikation, und hilft dem Kunstverkauf indem man neue Sammler erreicht. Das Internet hat eine große Auswirkung auf den heutigen Kunstmarkt in dem Sinne, dass alles viel schneller läuft. Ich hatte eine Galerie von 1996 bis 2008. Bis 2000 war es noch üblich, dass man große 4 x 5 Dias machen lies von jeder Ausstellung und mit Kurierservice an die wichtigen Sammler schickte. Das war eine Investition von ca. 500 $. Heute macht man das mit Email. Das kostet nichts und ist sehr schnell. Aber das wichtigste bleibt, dass die Galerien feste Räume haben und auch an Messen teilnehmen. Auf Messen haben Sammler und Kuratoren die Chance, die Galeristen persönlich kennenzulernen und sich über neue Galerien zu informieren. Der Verkauf kann dann später auch übers Internet abgewickelt werden. Es gibt schon neue Entwicklungen mit 3D und VR, aber das hat jetzt noch einen minimalen Effekt auf den Kunstmarkt. Ich mache mir da keine Sorgen, dass wir von irgendeiner Virtual Reality Messe verdrängt werden.
Bei aller internationaler Ausrichtung, ist es denn nicht auch sehr wichtig den Focus auf die regionale Kunstszene zu legen um neue junge Galerien einzubinden und neue junge Sammler, sprich Kunden, heranzuführen?
Ja genau. Wir haben bereits einige Programme unter verschiedenen Namen wie New Positions, New Contemporaries oder Collaborations und haben in diesem Jahr den Neumarkt ins Leben gerufen, wo wir jungen Galerien, die jünger als 10 Jahre alt sind, Solo- und Gruppenständen von 20 qm zu einem reduzierten Preis anbieten. Es vereinfacht alles, ist ein bisschen mehr streamline und die Besucher werden den Unterschied zu den New Positions und Collaborations besser verstehen, hoffe ich.
Die Zulassung als Aussteller wird von einem Beirat von 9 Galeristen bestimmt. Ändert sich die Besetzung jedes Jahr?
Es werden immer ein paar ausgetauscht, nicht jedes Jahr, aber alle zwei Jahre. Wir haben dieses Jahr drei Beiratsmitglieder, die nur über die Solo- und Gruppenständen für junge Galerien im Neumarkt entscheiden. Für die Neumarkt Collaborations haben wir dieses Jahr zwei Kuratoren engagiert, Moritz Wesseler vom Kölnischer Kunstverein und Michelle Cotton vom Bonner Kunstverein. Da es keine Alters-begrenzung bei den Collaborations gibt, sollten freie Kuratoren über die Zulassung entscheiden, damit wir keine rechtliche Probleme bekommen. Wir haben trotz allem immer ein oder zwei Rechtstreite jedes Jahr. Aber die gewinnen wir.
Die Art.Fair ist von Köln nach Düsseldorf umgezogen und startet im November neu unter dem Namen Art Düsseldorf mit den Machern der Art Basel als Partner. Siehst du darin eine Konkurrenz für die Art Cologne oder eher eine Bereicherung für die Kunstszene im Rheinland?
Es ist vieles, es ist auch eine Ehre, dass die Art Basel plötzlich das Rheinland wahrnimmt. Aber die Art Düsseldorf ist eigentlich keine Konkurrenz für die Art Cologne, die es schon 50 Jahre gibt. Die Art Düsseldorf dagegen hat noch nicht einmal stattgefunden. Das einzuschätzen ist nicht einfach. Natürlich, wenn sich eine zweite Kunstmesse im Rheinland etabliert, ist es auch eine Gefahr für die Art Cologne, auch wenn die Messen 6 Monate voneinander getrennt sind.
Es ist eine lange Geschichte mit Düsseldorf, 1968 gab es die Prospekt 68, eine Kunstmesse gegründet vom Galeristen Konrad Fischer und dem Kunstkritiker Hans Strelow, die zwei oder drei Jahre ging. Ab 1974 fand dann der Kölner Kunstmarkt wechselweise in Köln und Düsseldorf unter dem Namen Internationaler Kunstmarkt statt, bis dann die Messe unter dem Namen Art Cologne wieder nur noch in Köln beheimatet wurde. 2007 gab es die Düsseldorf Contemporary, die auch von den Art.Fair Gründern Walter Gehlen und Andreas Lohaus einmalig veranstaltet wurde. Das Ganze ist schwer zu kommentieren. Sobald die Messe stattfindet, können wir das besser einschätzen. Warten wir es ab, es gibt noch sehr viele anderen Kunstmessen auf der Welt.
Wie siehst du die Entwicklung für die nächsten 20 Jahre?
Ich weiss, dass die Art Cologne bleibt. Die läuft noch weitere 50 Jahre. Das Format steht, da muss man nicht experimentieren. Wir haben das Format Kunstmesse erfunden. Die Art Cologne war die erste und ist die älteste Messe für zeitgenössiche und moderne Kunst weltweit. Alle anderen kamen nach uns. Die Art Cologne wird auch weiterhin eine wichtige Rolle innerhalb Deutschlands als die leitende Kunstmesse spielen. Wir hatten viele Highs and Lows, Ups and Downs, das passiert mit jeder Messe und ist unvermeidbar. Aber die Galerienszene wird sich verändern. Es gibt viele Galerien die keine Messen mehr machen. Es gibt andere, die haben keine feste Räume mehr. Bis vor 10 Jahren war es nur Marlborough, die ein Imperium hatten mit vielen Standorten. Heute haben die Mega Galerien Standorte in New York, Los Angeles, Berlin, Paris, Brüssel, London, Hong Kong, in der Schweiz. In einem aufgeheizten Markt expandieren die großen Galerien wie verrückt. Das kann sich auch wieder reduzieren, wenn der Markt schwächelt. Was wir in den letzten 10 bis 15 Jahren beobachtet haben ist, wenn ein Segment im Kunstmarkt schwächelt, verstärkt sich ein anderes Segment. Als z.B. der Markt für Vintage Fotografie abgestürzt ist, ging zeitgleich der Markt für zeitgenössische Kunst hoch. Ich glaube nicht, dass es nochmal einen großen Crash gibt so wie 1990. Aber wer weiss, ich bin kein Hellseher.
Kannst du uns schon ein paar Highlights sagen, die wir auf der 51. Art Cologne in diesem Jahr erleben können?
Ja es gibt einige Highlights. Eines der größten Highlights wird am Stand von Gagosian sein. Die zeigen eine große Installation des amerikanischen Performance Künstler Chris Burden. Das ist eine Installation aus Straßenlampen von Los Angeles. Chris Burden hatte ein Lager entdeckt, wo diese Lampen aus den 1920 und 1930er Jahren eingelagert waren, hat sie gekauft und als riesige Installation vor dem LACMA gestellt. Es wird eine kleinere Version auf dem Gagosian Stand geben, deren Aufbau 10 Tage dauert. Im Eingang Süd machen wir zum ersten Mal seit meiner Amtszeit ein großes Projekt mit dem zeitgenössischen Künstler Michael Riedel aus Frankfurt. Das wird eine raumgreifende Rieseninstallation sein. Uh, noch ein Highlight, ich freue mich besonders, dass aus dem Segment klassische Moderne/ Nachkriegskunst zum ersten Mal die Galerien Le Minotaure und Zlotowski, zwei sehr bekannte und renommierte Kunsthändler aus Paris, kommen. Und aus Deutschland wird Thole Rotermund, auch einer der wichtigen deutschen Händler für klassische Moderne, erstmalig auf der Art Cologne sein. Der Bereich Modern und Postwar wird auch ganz toll sein.
Herzlichen Dank, Dan, für das sehr interessante Gespräch.
Vielen Dank, Ralf, sehr gerne.
Interview von Ralf Daab