Obwohl das Deutsche Reich von 1884 bis zum Ende des Ersten Weltkriegs 1918 eine der großen europäischen Kolonialmächte war, rückt die koloniale Vergangenheit in Deutschland erst seit wenigen Jahren zunehmend ins öffentliche Bewusstsein. Die Ausstellung des Deutschen Historischen Museums legt die koloniale Ideologie offen, die von einem europäischen Überlegenheitsdenken geprägt war.
Die vielfältigen Herrschaftsbeziehungen reichten von lokal geprägten Allianzen und der Ausübung alltäglicher Gewalt bis hin zum Kolonialkrieg in Namibia, der in den Völkermord mündete. Ebenso vielschichtig waren die kolonialen Begegnungen. In ihnen verfolgten afrikanische, ozeanische und deutsche Akteure ihre jeweiligen Ziele und loteten ihre Handlungsspielräume aus. Die Ausstellung beleuchtet die Motive der Missionare, Beamten, Militärs, Siedler oder Kaufleute auf deutscher Seite ebenso wie die Interessen der Kolonisierten. Sie wirft dabei die Frage auf, inwieweit die Perspektiven der Kolonisierten in der historischen Überlieferung berücksichtigt sind und inwiefern dies im Widerspruch steht zum schieren Umfang von Sammlungen und Archiven, die in der Kolonialzeit entstanden sind und die Machtverhältnisse stützten.
Das ausgeprägte koloniale Bewusstsein hielt auch nach 1919 an. Dieser kontroversen Erinnerung an die koloniale Vergangenheit gibt die Ausstellung Raum, während künstlerische und zivilgesellschaftliche Perspektiven Einblicke in die Gegenwart des deutschen Kolonialismus in den betroffenen Ländern und in Deutschland eröffnen.