„In der letzten Ausstellung in den Räumen am Odeonsplatz möchte ich die Präsentation im neu eröffneten Münchener NS-Dokumentationszentrum um eine Nuance ergänzen. Ich verzichte dabei auf moderne Abzüge und großformatige Reproduktionen und zeige einzig und allein Originale der NSZeit. Das Original, der Abzug aus der Zeit, ist der unmittelbare Kontakt und als solcher Zeuge und Ankläger. Die Reproduktion dagegen erlaubt ähnlich wie ein Fernsehbild automatisch Distanz.
Es geht auch um meine Vergangenheit. Meine Großeltern und Eltern waren Zeugen und direkt betroffen. Ich bin nur indirekt betroffen. Aber so wie man sich der positiven Leistungen seiner Vorfahren rühmt und sich auf sie bezieht, berühren auch solche negativen Lebensereignisse.
Spätestens seit den zwanziger Jahren wurde in München geplant und vorbereitet, was im Laufe der dann folgenden Jahrzehnte geschah. Ich verstehe nicht den Magnetismus, der die Menschenmassen synchron den Arm heben ließ. Unbegreiflich ist ebenso, dass der Großteil der Bevölkerung zumindest schweigend hinnahm, daß sich in der näheren Umgebung die schrecklichsten Ungeheuerlichkeiten ereigneten. Die Menschen gaben sich zu anfang ahnungslos, was die Vorgänge in den Lagern betraf. Als die Amerikaner und Briten kurz vor Kriegsende die Konzentrationslager öffneten und die Grausamkeiten dokumentierten, führten sie die deutschen Umlandbürger in die Konzentrationslager, direkt an den Leichenbergen vorbei, um sie zum Hinsehen zu zwingen. Diesen Zweck hatten auch zwangsverordnete Kinobesuche, bei denen Dokumentarfilme der Gräuel gezeigt wurden, ebenso wie ›Ausstellungen‹ in Kirchen und Sporthallen mit riesig vergrößerten Fotos aus den KZs.
Die Originale, die in der Galerie ausgestellt werden, sind Zeitzeugen und authentische Dokumente unserer dunkelsten Tage. Die Bilder bewegen mich zutiefst und begleiten mein Denken. Auch sie sind Teil meiner Vergangenheit. Ich möchte sie der Öffentlichkeit nicht vorenthalten.”
Daniel Blau