Am 28. September 2024, um 11 Uhr, wird in der Stiftung Antonio Dalle Nogare in Bozen die Ausstellung Emilio Prini – Typewriter drawings. Bologna/München/Roma – 1970/1971 eröffnet. Diese Schau ist Emilio Prini (1942 2016) gewidmet, einer der radikalsten und rätselhaftesten Figuren der italienischen und internationalen Kunstszene.
Die von Luca Lo Pinto und Andrea Viliani zusammen mit Timotea Prini kuratierte und in Zusammenarbeit mit dem Archivio Emilio Prini organisierte Ausstellung zeigt eine breite Auswahl an Arbeiten auf Papier, wobei der Schwerpunkt auf den Werken liegt, die in Zusammenhang mit den bahnbrechenden Ausstellungen Gennaio ‘70 – comportamenti, progetti, mediazioni (Museo Civico Archeologico, Bologna, 31. Januar – 28. Februar 1970), Arte povera. 13 italienische künstler (Kunstverein München, 26. Mai – 27. Juni 1971) und Merce tipo standard (Galleria L'Attico, Rom, 20. November 1971) stehen.
Der Künstler debütiert 1967 mit der Teilnahme an der Ausstellung Arte Povera Im Spazio in der Galleria La Bertesca in Genua, die den Beginn der Recherche und „Bewegung“ der Arte Povera markiert. Vom folgenden Jahr bis Anfang der 1970er Jahre nimmt er an einigen der wichtigsten internationalen Ausstellungen dieser Zeit teil (u.a. Op losse schroeven, Live in your head: when attitudes become form und Konzeption/conception, 1969; Information, 1970; Contemporanea, 1973 / 74). Danach reduziert er seine Ausstellungstätigkeit auf ein Minimum.
Der Kern seiner Arbeit basiert auf einer begrenzten Anzahl von Ideen und Werken, die Prini bis zu seinem Tod immer wieder überarbeitete und veränderte, oft mit minimalen, aber bedeutenden Eingriffen. Die meisten Projekte wurden zwar in seinen frühen Jahren entworfen, aber erst später ausgestellt (a scomparsa parziale – teilweises Verschwinden), während andere Hypothesen auf dem Papier blieben (a scomparsa totale – völliges Verschwinden).
Um 1969 beginnt Prini, sich kritisch mit der Logik der Produktion auseinanderzusetzen, indem er sich mit technischen Geräten beschäftigt. Ein Fotoapparat, eine Videokamera, ein Fernseher, ein Aufnahmegerät, ein Buch, eine Einladung, eine Fotokopie, eine Stimme und ein Bild verlieren ihren Wert, sobald sie verbraucht sind. In Anlehnung an die Gebrauchswerttheorie des Philosophen, Ökonomen und Historikers Karl Marx (1818–1883) quantifiziert der Künstler den Wert einer maschinell hergestellten Ware (Kunst), indem er die zu ihrer Herstellung notwendige Arbeit berechnet und den Wert ermittelt, den sie am Ende des Produktionszyklus erreicht hat. Auf diese Weise zeigt er den Wertzuwachs im Vergleich zum ursprünglichen Einsatz.
In Bologna konzentriert sich der Künstler für Gennaio 70 – comportamenti, progetti, mediazioni auf die acht marxistischen Arbeitsstunden zweier Fernsehbildschirme. Durch eine Berechnung auf einem Schachbrettmuster in Rot/Weiß/Schwarz, wobei Rot für die Zeiteinheit, Weiß für die Zeit und Schwarz für das dritte, undifferenzierte Element der Zeit (das Übertragungssystem) steht, isoliert Prini jeden Schritt in der Dreierreihe (1+1=2, 2+1=3), ähnlich der logarithmischen Spirale, die auf der Zahlenfolge des Mathematikers Leonardo Fibonacci (ca. 1170–1242) basiert, bei der jede Zahl die Summe der beiden vorhergehenden ist. Auf diese Weise erreicht Prini eine relativ präzise Ein- und Ausschaltfolge. Dasselbe Verfahren wird auch bei den mit der Schreibmaschine angefertigten Zeichnungen angewandt, bei denen die abwechselnden Anschläge den beschriebenen Rhythmen folgen. Auch die Filzstiftzeichnungen auf kariertem Papier folgen dieser Logik.
In München führt Prini 1971 für die Ausstellung Arte povera. 13 italienische künstler ein ähnliches Experiment durch wie zuvor in Bologna. Mit Hilfe eines Technikers demonstriert er die Erschöpfung eines Fernsehgerätes durch eine Abfolge von Vorgängen. Prini interessiert sich auch für die Informationsübertragung des Fernsehens (in diesem Fall des deutschen Fernsehens) und für die minimalen und maximalen Energieimpulse von Licht und Ton, die für die Übertragung dieser Information notwendig sind.
Im selben Jahr findet in der Galerie L’Attico die Einzelausstellung Merce tipo standard statt, die nicht vom Prozess der Demontage/Montage des Fernsehgeräts in München abweicht. Die Ausstellung selbst ist als Demonstration angelegt. Prini nutzt den Raum der Galerie, indem er einen Lieferwagen der Firma Video International S.P.A. aus Rom platziert, der die Geräte für das Closed-Circuit-TV-System (Ware) anliefert. Diese Geräte werden anschließend an bestimmten Stellen in der Galerie installiert.
Zwischen 1970 und 1975, also nach den in der Ausstellung analysierten bahnbrechenden Projekten, fertigt Prini fast zweihundert Zeichnungen auf Papier an, auf Blättern im „Standardformat“ und mit Hilfe einer Olivetti 22. Der Künstler benutzt eine gewöhnliche Schreibmaschine fast wie einen Bleistift, um zu zeichnen, mathematische Formeln zu lösen, zweidimensionale Architekturen zu entwerfen, Kinderreime zu erfinden, Intuitionen festzuhalten… und Ideen zu überprüfen.
Die Ausstellung Typewriter drawings. Bologna/München/Roma – 1970/1971 versammelt die Zeichnungen, die zu den Konzepten der drei Ausstellungen in Bologna, München und Rom entstanden sind, ergänzt durch eine Auswahl von größtenteils unveröffentlichten dokumentarischen Fotografien.
Das Projekt bildet außerdem den Auftakt zu einer laufenden Recherche- und Katalogisierungsarbeit, die vom Archiv Emilio Prini betreut wird.