In der Einzelausstellung Now now zeigt die Künstlerin Katharina Hinsberg eine Auswahl ihrer neuesten Arbeiten. Die Ausstellung führt den Besucher durch verschiedene Werkserien, darunter die Papierarbeiten Farben (Säume), runden, Schraffen und Ajouré, und bietet einen umfassenden Einblick in den Schaffensprozess der Künstlerin. Hinsberg erkundet in ihren Werken die Beziehung von Linie, Fläche und Raum mit minimalistischen Mitteln, die auf den ersten Blick reduziert wirken, jedoch eine immense Vielschichtigkeit entfalten.

Die Ausstellung widmet sich intensiv dem Thema der Reduktion und der Entdeckung von Freiheit innerhalb dieser Begrenzungen. Hinsberg arbeitet meist mit minimalistisch, elementaren Mitteln – Farbstift, Skalpell und Papier – und zeigt dabei, wie sich aus der bewussten Beschränkung heraus überraschende Vielfalt und Tiefe entfalten kann. Dabei folgt sie einem klar strukturierten, aber zugleich offenen Prozess: Die Zeichnungen entstehen in wiederholten Bewegungen, mit Bezugnahmen zum Blattformat, wobei gestische Elemente wie das Kreisen eine wesentliche Rolle spielen.

In den Papierarbeiten Farben (Säume) verwendet sie begrenzt verfügbares Material, um kompositorische Entscheidungen zu treffen und Farben und Strukturen in einen Rhythmus zueinander zu setzen. Das Material besteht aus Resten von Zeichnungen und Kopierblättern, die von früheren Arbeiten der Serie Farben (Sequenz) stammen. Diese Streifen, teilweise mit Druckerangaben und anderen Spuren des Produktionsprozesses versehen, werden neu zusammengestellt. Dabei greift sie auf Techniken des Collagierens und der Montage zurück, wobei die Nähe zum Entstehungsprozess der ursprünglichen Zeichnungen stets spürbar bleiben. Hinsberg schafft so eine Art visuelle Historie, die aus der Wiederverwertung von Materialien erwächst und gleichzeitig kompositorische Fragen aufwirft: Wie entstehen Rhythmen in der Farbauswahl? Welche subjektiven Entscheidungen führen zu bestimmten Farbkombinationen? Hinsberg lässt bewusst den Zufall und die Begrenzung des vorhandenen Materials in ihren künstlerischen Prozess einfließen und entlockt der Reduktion eine ungeahnte Freiheit.

Das Schneiden spielt in Hinsbergs Werk eine zentrale Rolle. Während das Zeichnen eine direkte, bewusste Bewegung ist, verleiht das Schneiden den Arbeiten eine zusätzliche Dimension. Durch das Ausschneiden der Linien bei den runden und Schraffen entstehen Öffnungen in den Arbeiten, die den Blick auf die Wand oder den Raum dahinter freigeben. Es ist ein aktives Öffnen, ein Aufbrechen der zweidimensionalen Fläche in den Raum oder auf ein ‚Dahinter‘. Diese Durchlässigkeit ermöglicht Übergänge von der geschlossenen Papierfläche hin zu einer neuen Offenheit, die in den Raum hineinwirkt und den Betrachter einbezieht. Dabei beschreibt Hinsberg das Schneiden als einen stilleren, reflektierten Vorgang, bei dem die gestalterische Arbeit zurücktritt und sich den Erfordernissen des Materials unterordnet.

Der Titel der Ausstellung Now now verweist auf das Spannungsfeld von Momenthaftigkeit und Dauer. Now now als klare Aufforderung, im Hier und Jetzt, als einem Dazwischen, zu handeln. Die Ausstellung lädt dazu ein, das Verhältnis zwischen dem spontanen Zeichnen und der präzisen Wiederholung durch den Schnitt zu erforschen. Dabei ist die Wiederholung in ihrer Arbeit kein bloßes Reproduzieren; sie schafft Differenz – jede Wiederholung eröffnet einen neuen Raum, jede Geste verändert den Moment des Davor und Desgleichen.