In einer Sonderausstellung des Museums für Asiatische Kunst im Humboldt Forum zeigt die japanische Künstlerin Mio Okido (*1986) vier neue Arbeiten. Sie entstanden anlässlich eines Fellowships der Künstlerin im Rahmen des Projekts Das kollaborative Museum des Ethnologischen Museums und des Museums für Asiatische Kunst. Thema der Werke sind Konstruktionen von Erinnerungen an die Phase des japanischen Imperialismus/Kolonialismus/Faschismus in Ostasien in den Jahren von etwa 1872 bis 1945.

Ein Ausgangspunkt sind neotraditionelle, national-japanische Bilder Nihonga aus der Ausstellung Japanische Malerei der Gegenwart, die 1931 in Berlin stattfand. Vier davon sind in Raum 318 zu sehen. In der neu geschaffenen Arbeit Geister konfrontiert Okido sie mit Motiven, die sich auf die militärische Aggression Japans in der Mandschurei im selben Jahr beziehen.

Die Zweikanalvideoinstallation Betrachten kombiniert Aufnahmen, die Okido 2023 während einer Reise nach Süd-Korea und Japan von Orten, Gebäuden, Monumenten und Kunstwerken als Trägern widersprüchlicher Emotionen und Interessen anfertigte, mit historischen Bildern und Schrift-stücken zu einem komplexen Bildatlas der Erinnerung. Alle Bilder er-scheinen schwarzweiß in einheitlichem Format. Mit dem Lidschlag des Auges der Künstlerin verändert sich das Gesamtbild der Projektion stän-dig, veranschaulicht Ambivalenzen, Offenheit und den konstruierten Cha-rakter der mit den Bildern verbundenen Erzählungen von Geschichte(n).

Fassade des Gesichts zeigt die Künstlerin mit einem Schleier aus Me-daillons. Darauf sind Aufnahmen großer Männer, die als Helden der Mo-dernisierung Japans gelten, hier aber en miniature und in der von Okido gewählten Form erscheinen. So trifft Frau auf Männer, Individuum auf Vielzahl und Geschichte auf Gegenwart.

Die wandbasierte Textarbeit Menschliche Beziehungen schlägt den Bogen in die deutsche Sprache und damit auch nach Berlin und in die Welt von heute. Indem sie die erinnerten Erzählungen von Geschichte(n) auf "töten" oder "getötet werden" verdichtet, stellt sie eine zentrale Frage für die Gegenwart und Geschichte(n) der Zukunft.