Die Christophe Guye Galerie freut sich sehr, die neue Ausstellung My Garden of Eden, kuratiert von Bob van Orsouw, anzukündigen. Die Ausstellung zeigt eine Auswahl von Werken namhafter Künstlerinnen und Künstler wie Nobuyoshi Araki, Jean-Marc Bustamante, Grazia Conti Rossini, Armen Eloyan, Gabriela Fridriksdottir, Teresa Hubbard / Alexander Birchler, Klaas Kloosterboer, Loretta Lux, Paul McCarthy, Russ Meyer, Ernesto Neto, Julian Opie, Walter Pfeiffer, Thomas Ruff, Frank Thiel, Bernard Voïta, um nur einige zu nennen.
TB: Wo und wie hast du Nobuyoshi Araki zum ersten Mal getroffen?
BvO: Das war 1995. Ich habe damals nach einer japanischen Position in der Fotografie gesucht, die ich in mein Programm aufnehmen kann. Auf Empfehlung von «Camera Austria», eine österreichische Zeitschrift, bin ich dann nach Japan gereist. Eine ehemalige Assistentin Arakis hat mich in Japan eingeführt und vorgestellt. Das ist nun schon 25 Jahre her, und sie begleitet mich immer noch und dolmetscht. Sie hat es überhaupt erst möglich gemacht, dass ich die Prints bekommen konnte und die Transporte organisieren konnte.
TB: Und hast du die erste Ausstellung in Zürich gemacht mit Araki?
BvO: Das war 1995. Und ich habe auch mal nachgeschaut: 1992 hat er das erste Mal überhaupt in Europa ausgestellt. Angefangen hat es mit einer reisenden Ausstellung, die hiess «Tokyo Nude», die habe ich en bloc ausgestellt.
TB: Wie waren denn die Reaktionen in Zürich auf Araki?
BvO: Ich hatte sehr viel Presseanfragen und auch das Fernsehen kam. David Streiff, der damals im Bundesamt für Kultur leitete, hat im Fernsehen gesprochen. Am nächsten Tag waren 250 Leute bei mir in der Galerie, obwohl es ein Montag war und die Galerien eigentlich zu sind. Allerdings waren es zum Teil ein eigenartiges Publikum.
TB: Inwiefern?
BvO: «Bondage» wird hier im Westen von vielen leider vollkommen falsch verstanden. In Japan ist es eine uralte und sehr bekannte Tradition. Aber hier war das plötzlich öffentlich zugänglich und somit kamen dann viele Voyeure. Für meine Assistentin war es sehr unangenehm.
TB: Ein anderer wichtiger Künstler für dich ist Bustamante. Mit ihm hast du ja auch sehr früh gearbeitet.
BvO: Ja, wir arbeiteten schon sehr früh und auch sehr lange zusammen. Wir sind auch heute noch sehr gut befreundet. Bustamante hat eine eigene fotografische Position. Er wählt bei Fotografien immer einzelne plastische Elemente aus, das kann ein Krahn sein, ein Boot oder ein Lastwagen oder eben ein Billboard in der Landschaft. Er sieht diese Objekte immer als eigenständige, gefundene, vorgefundene Skulpturen. Er hat auch Baustellen oder ein Friedhof von oben fotografiert. Und diesen Friedhof sieht er, wie auch die anderen Objekte, als Skulptur.
TB: Warst du auch direkt beteiligt bei seinem Schweizer Projekt?
BvO: Bustamante hatte eine private und auch eine Schaffenskrise. Ich habe ihn damals eingeladen in die Schweiz zu kommen. Ich finanzierte seine Reise, die Hotels etc., um zu sehen, was herauskommt. Das hat er dann wirklich gemacht und ist zehn Tage durch die Schweiz gefahren. Daraus sind diese grossformatigen Schweizer Fotos entstanden, die damals auch im Kunstmuseum Luzern gezeigt wurden.
TB: Eine weitere Künstlerin, wo ich mich erinnere, sie sehr früh sie bei dir gesehen zu haben, bevor ihre Werke um die ganze Welt gingen, ist Rineke Dijkstra mit ihren Porträts von Jugendlichen am Strand.
BvO: Ja, das war 1996. Das war die zweite Ausstellung, die ich in der Galerie im Löwenbräu Areal gemacht habe. Es war Rinekes erste grosse Einzelausstellung überhaupt. Sie hat gross eingeschlagen; aber gleichzeitig gab es den grossen Skandal um den pädophilen Verbrecher Dutroux in Belgien, und wir wurden sehr angefeindet. Wir hatten auch ein Buch gemacht und hatten viele davon verschickt. Etliche Bücher wurden jedoch empört zurückgeliefert. Auch die amerikanischen Museen, die Dijkstra eigentlich zeigen wollten, haben dann alle abgesagt. Aber ein paar Jahre danach wurde sie dann im MoMA gezeigt und auch von grossen internationalen Galerien. Mir ihr habe ich damals auch an einem Schweizer Projekt gearbeitet, welches schlussendlich nicht zustande kam. Es ging um Boarding Schools, Internate, die abgerissen werden sollten.
TB: Ein weiterer Künstler, mit dem du bis heute befreundet bist und arbeitest, ist Julian Opie.
BvO: Genau. Mit Julian war die erste Ausstellung im Löwenbräu. Ihn habe ich ausgewählt, weil er eine signifikante, eigenständige Position einnimmt, er geht von der Fotografie oder Video aus, erst dann wird der Computer eingesetzt. Er gehört zu denen, die den Computer, vielleicht als einer der frühsten, wirklich als Arbeitsgerät verwendet haben. Seine Bildsprache ist wirklich phänomenal. Es hat gut funktioniert, wir arbeiten schon 25 Jahre zusammen. Nach wie vor ist das eine ganz eigenständige, wunderbare Position, die Jung und Alt erfreut.
TB: Auch mit Walter Pfeiffer hast du auch schon zusammengearbeitet, bevor er wirklich breite Anerkennung gefunden hat.
BvO: Ja, das kam dann eigentlich gleichzeitig, als er im Fotomuseum Winterthur seine Ausstellung hatte. Ich kannte seine Werke aber schon vorher. Es gab sehr viele Leute, die seine Arbeiten belächelt haben und meinten, er könne gar nicht fotografieren. Er ist dann mit dieser wunderbaren farbigen Bildsprache, die er hat, in die kommerzielle Fotografie eingestiegen. Er hat sein Leben lang immer fotografiert, mit kleinformatigen Kameras, und weil er etwas zittert, geht auch das nur mit Blitz, woraus er eine eigenständige Ästhetik entwickelt hat. Und das ganze Set mit den Models, fand meist nur in seiner kleinen Wohnung statt, er hatte nicht wirklich ein Studio. Jetzt ist er eine Art Starfotograf geworden, er wird bald eine grosse Ausstellung in London haben in «The Photographers’ Gallery».
TB: Architektur ist auch immer ein grosses Thema für dich gewesen. Frank Thiel fällt mir hier ein. Wann hast du begonnen mit Thiel zu arbeiten?
BvO: Ich habe nie wirklich mit Frank zusammengearbeitet, ich habe ihn aber oft vermittelt. Wir waren befreundet, ich war eine Zeit lang extrem viel in Berlin, haben uns auch kennen gelernt. Ich habe verschiedene Architektenarbeiten von ihm vermittelt. Und Thiel ist derjenige für mich, der den ganzen Bauboom in Berlin mit seiner Kamera, z.B. den Potsdamer Platz, festgehalten hat. Jetzt stellt er überall national und international aus. Sein Œuvre ist extrem eigenständig und er fotografiert heute nicht nur Baustellen, sondern auch z.B. Personen in Südamerika. Zudem arbeitet er auch immer grossformatig.
TB: Künstler, an die ich auch eine lebhafte Erinnerung von deinen Ausstellungen habe, sind Teresa Hubbard und Alexander Birchler.
BvO: Die zwei kamen zu mir und wollten unbedingt bei uns ausstellen, das war auch 1996, glaube ich. Ich habe dann im Hinterzimmer bzw. im Showroom eine kleine Testphase gemacht. Ich war mir nicht so sicher, habe dann aber sehr viele Ausstellungen mit ihnen gemacht. Sie sind später ausgewandert nach Amerika, wo sie immer noch wohnen. Auch sie hatten die erste grosse Einzelausstellung bei mir in der Galerie. Vor zwei Jahren waren sie auch auf der Biennale in Venedig, wo sie für ihre Arbeit im Schweizer Pavillon auch ausgezeichnet wurden. Bei ihnen geht es immer um Film, das Kino und um Sprache, und wie man sich damit auseinandersetzt; das durchzieht ihr gesamtes Werk.
TB: Ich erinnere mich, die erste Ausstellung, die ich von dir gesehen habe, das war noch in den 1980er Jahren, in deiner Wohnung, irgendwo bei Goldbrunnenplatz. Das ist lange her. Wenn du jetzt zurückschaust, was ist geblieben von deinen Interessen? Gibt es auch Dinge, die temporär waren? Kannst du vielleicht zum Schluss, selbst ein allgemeines Resümee ziehen von den vielen Jahren, in denen du mit Künstlern und mit der Kunst gearbeitet und gelebt hast?
BvO: Geblieben ist für mich die Liebe zur Kunst. Für mich geht es nicht nur um die Werke, sondern darum, sich auch mit dem Künstler zusammen zu setzen und etwas zu erarbeiten. Ich war sehr oft in den Ateliers, was ich nach wie vor mache. Das ist etwas Wunderbares. Da Künstler für mich oft immer noch Vordenker in den verschiedensten Bereichen sind und Persönlichkeiten, die ich nicht missen möchte. Und wenn ich so sehe, was ich alles gemacht habe, hunderte von Ausstellungen und Messen, muss ich sagen, ich meine ich mache es ja immer noch, es war eine grossartige Zeit. Ich habe soviel Lebenserfahrung sammeln können, konnte soviel sehen und reisen. Ich bin selbst oft perplex, wenn ich zurückdenke, was ich alles gesehen und gemacht habe.