Häusler Contemporary Zürich freut sich, erstmals in der Schweiz Keramiken der amerikanischen Malerin Judy Ledgerwood zu präsentieren, die 2018 in der Porzellan Manufaktur Nymphenburg entstanden sind. Zusammen mit neuen Gemälden der Künstlerin, die in ihrem Schaffen verschiedene Facetten der Kunst- und Kulturgeschichte vereint, entsteht eine äusserst sinnliche Ausstellung, die vertieften Einblick in Ledgerwoods konzeptuellen künstlerischen Ansatz bietet.
Die kraftvolle Farbigkeit und die opulente Ornamentik der Werke von Judy Ledgerwood (*1959, Brazil, US, lebt in Chicago und Sawyer, US) sind tief in der Tradition der Malerei verwurzelt. Seit Beginn ihrer Karriere nimmt die Künstlerin sehr bewusst ihre Verortung innerhalb der Kunstgeschichte vor und fordert die hier dominierenden Prämissen und Rollenzuweisungen heraus. Einflüsse aus der weitgehend männlich dominierten Farbfeldmalerei und der gestischen Abstraktion verbindet sie mit einfachen, geometrischen Mustern, die oft mit der Populärkultur und dem weiblich besetzten Textildesign assoziiert werden.
Mehrere Aufenthalte in der Porzellan Manufaktur Nymphenburg seit 2016 boten Ledgerwood die einzigartige Gelegenheit, ihren innovativen künstlerischen Ansatz mit einem traditionellen Handwerk zu verbinden. Wir freuen uns, nun erstmals in der Schweiz die Resultate davon zu präsentieren. Die Gefässe von 2018 ergeben im Verbund mit ausgewählten Malereien auf Leinwand und auf Papier einen umfassenden Überblick über das Schaffen der Künstlerin.
Mit ihren Majolika betont Ledgerwood die verschiedenen Bedeutungsschichten der Vase: Sie ist eine Ikone des häuslichen Alltags, Skulptur und Reliefträgerin ebenso wie das Dokument eines performativen Prozesses. In der Dimension, wie sie die Künstlerin realisiert hat, wird sie ausserdem zur Metapher für den menschlichen Körper. Jedes der Gefässe ist mit einer Variation des Vierpasses oder des Rautenmusters versehen. Bei der Glasur operiert die Künstlerin manchmal mit lasierendem, manchmal mit kompaktem Auftrag und mit kontrastreicher Färbung der Innen- und Aussenansicht, wobei sie bei der Wahl der Farben stets auch deren tradierte Bedeutung mit bedenkt. Oftmals ergänzt sie luxuriöse metallische Silber- oder Goldtöne und belässt im Gegenzug die Kanten der Gefässe roh, sodass sich ein spannungsreicher Dialog zwischen dem einfachen Material und der dekorativen Erscheinung der haptisch reizvollen Objekte ergibt.
In den Malereien unserer Ausstellung wiederholen sich die Motive von Vierpass und Diamantform. Nicht von ungefähr nutzt Ledgerwood sie seit jeher in ihrem Schaffen: Es sind Formen, die bei steinzeitlichen Kulturen, welche Göttinnen huldigten, eine bedeutende Rolle spielten. In ihren Gemälden fügt die Künstlerin die Motive zu unregelmässig gestalteten Rastern und lässt Farbspuren über die Gitterstruktur hinaus laufen. So fügt sie einen Aspekt von «Echtzeit» hinzu, der die mit vielen anderen Erfahrungsmomenten ergänzt, die sich beim Betrachten der Bilder einstellen – Nachbilder etwa oder auch Reizüberflutung. Zudem werden die Tropfspuren, die an Teppichfransen erinnern, zu einer kessen Neuinterpretation des sogenannten »Dripping«, mit dem die amerikanischen Abstrakten Expressionisten in den 1950ern Erfolge feierten.
So verdeutlicht unsere Ausstellung, wie Judy Ledgerwoods ungemein sinnliche Werke auf einem konzeptuellen Ansatz basieren, der jenseits der Schönheit – »Beyond Beauty« – von der Geschichte der Malerei, von der Symbolik von Farben und Formen und von der belebenden Wirkung des Imperfekten erzählt.