Für Otto Ford (*1978) wurde zunehmend offensichtlich, dass in der zeitgenössischen Malerei längst nichts Neues mehr geschieht. In aktuellen Werken beobachtete er nur Wiederholungen von Malstilen und die Wiederkehr zu Ästhetiken und Techniken der Vergangenheit. Doch motiviert durch seine anhaltende Faszination für die Malerei und ihre Bildsprache, begann er, Studien über das Wesen der Bilder allgemein anzustellen.
Seit dieser intensiven Feldforschung hat sich bei Ford eine Idee konkretisiert, zu einer eigenen und neuen Bildsprache zu finden. Vor dem Hintergrund jener erarbeiteten Kriterien sammelt er Bilder jeglicher Art und insbesondere Details intensiver Farbwirkung, die er auch Anomalien nennt. Aus diesem vielseitigen Archiv von Extrakten fügt Ford schließlich eine Auswahl zu einem brushstroke – einem bunten, digitalen Pinselstrich – zusammen und schafft daraus die Grundlage seiner farbgewaltigen Gemälde. Um seinem Anliegen nachzukommen, die Sprache der Malerei neu zu denken, schöpft er dabei aus dem vollen Potential der Möglichkeiten, die der Computer eröffnet, und führt so die längst alltäglich gewordenen Neuen Medien in den Entstehungsakt der Malerei ein. Denn die Frage, die Ford und letztlich alle Künstler, die ihre Gattung zu revolutionieren versuchen, bewegt, lautet: Was kann Malerei noch sein?
Dennoch scheint zunächst bei der Betrachtung von Fords Bildern die Frage berechtigt zu sein, ob es sich dabei überhaupt um Malerei handelt. Denn schließlich könnte man sie schlicht als Drucke computergenerierter Farbschlieren sehen. Aber muss Malerei aus auf Leinwand gepinselter Farbe bestehen? Sei es das Malen mit Lack, einem Spachtel oder der Auftrag von Gegenständen – innerhalb der Gattung gibt es bereits unzählige Variationen, die von dieser Norm abweichen. Gemein haben die verschiedenen Formen der Malerei aber, dass sie ein Bild, sei es ein Mentales oder etwas Gesehenes, auf ein neues (zweidimensionales) Medium überführen. Dies sind genau dieselben Fragestellungen, die auch Ford beschäftigen. Bei seiner digitalen Herangehensweise führt er denselben so charakteristischen Gestus des Pinselstrichs aus, der für unser Verständnis der Gattung prägend ist, lediglich die Materialien sind andere. Das Ergebnis ist ebenso ein reales, physisches Objekt wie ein klassisches Gemälde. So spielt Ford mit unserem gewohnten Verständnis von Malerei. In einer fast perfekten Illusion erzeugt er etwas, das wie Farbe aussieht und wirkt, nur keine ist. Es ist letztlich ein sowohl konzeptioneller wie ästhetischer Ansatz, mit dem sich Ford der Wiederbelebung der Malerei auf ganz neue Art und Weise nähert.
Zudem ermöglicht Ford die Arbeit mit dem Computer, Bildmaterial verschiedenster Arten miteinander zu verschmelzen. Ob Fotografien, Schnappschüsse, andere Gemälde und Kunstwerke, Gefundenes oder Selbstgemachtes – die Farbextrakte verbinden sich in Fords Gemälden zu Mixturen, die mehrere Dimensionen einschließen. Neben den Farben sind es damit auch Zeiten, Räume und Materialien, die darin kollidieren, verschwimmen oder ineinander aufgehen. So kann es sein, dass sich das Fragment einer N.A.S.A.-Aufnahme des Universums direkt neben einem goldenen, verwaschenen Ausschnitt van Goghs Nachtcafés versteckt. Meist jedoch verbergen sich die Farbursprünge in ihrer Abstraktion. Darin wiederum spiegelt sich Fords Blick auf die Welt, die er selbst als abstrakt versteht. Wie die zusammengefügten Bildextrakte seiner Arbeiten auch, ist unser Leben auf der Erde niemals in allen seinen Einzelheiten greifbar. Will man es erfassen, löst es sich auf in ein Feuerwerk verschiedener undefinierbarer Details. Jede von Fords Arbeiten bildet damit seinen eigenen kleinen Kosmos. Sie sind Universen aus Bildern, Bilder aus komplexen Bildwelten.