Galerie Eva Presenhuber freut sich die erste Einzelausstellung mit der amerikanischen Künstlerin Shara Hughes zu präsentieren.
Shara Hughes spricht von ihren Gemälden als psychologische oder erfundene Landschaften, ein Ausdruck, der sich aus ihrem Arbeitsprozess herleitet und darauf verweist, dass ihre Gemälde aus dem Moment des Malens und aus ihrem Inneren heraus entstehen. Dieses Innere ist allerdings durch ein tiefgreifendes Wissen sowohl der Kunstgeschichte als auch der Arbeiten ihrer zeitgenössischen Kollegen strukturiert. Das zeigen auch die fieberhaften Farben und ihr dynamischer Strich, der alles von monochromatischen Feldern, harschen Linien und Punkten abdeckt. Spuren von Fin-de-siècle-Stilen wie dem Fauvismus, der Art Noveau und dem Deutschen Expressionismus finden sich darin ebenso wie Stilelemente von Gegenwartsmalern wie Carroll Dunham, Sanya Kantarovsky oder David Hockney (eine ihrer Gemälde- und Zeichenserien ist analog zu seinen iPad-Zeichnungen entstanden).
Hughes nimmt ihren Titel aus der Alltagssprache: Don't Hold Your Breath bedeutet soviel wie: Zähl nicht darauf, versuch die Zukunft nicht vorauszusagen. Wobei man eigentlich meint, dass Veränderungen unheimlich sein können, während keine Veränderungen möglicherweise noch unheimlicher sind. Hughes weiß das genau: Ihre Gemälde sind nicht nur in der Gegenwart situiert, sondern durch die Art wie sie geschaffen werden im Jetzt, in dem potentiell alles passieren kann, wobei es unmöglich ist zu sagen, was wirklich passieren wird. Diese Ambivalenz des Anfangs vom Nullpunkt, an dem weder Grenzen noch eine Richtung definiert sind, während die Zeit fortschreitet und sich früher oder später zeigt, was sich entwickelt, spiegelt sich auch in ihrem Arbeitsprozess: Hughes startet meistens mit einer leeren Leinwand, auf die sie ungerichtet und spielerisch Farbe aufträgt.
Nachdem sie Form und Farbe völlig aus dem Ruder hat laufen lassen, beginnt Hughes mit der eigentlichen Arbeit: dem Umgang mit dem außer Kontrolle Geratenen. Dabei benutzt sie Sprühfarbe, verdünnte Farbe und arbeitet in verschiedenen Maltechniken. Ihr expressiver Stich, viskos aufgetragene Farbfelder, Punkte, die an den Pointilismus erinnern und eine mehr als großzügige Palette erzeugen den Eindruck als hätte mehr als eine Person an einem Gemälde gearbeitet. Indem sie mit der anfänglichen Unordnung arbeitet und daraus Narrative entstehen lässt, erzeugen ihre Bilder den Eindruck eines Ganzen.
Another Little Corner, zum Beispiel ist in zwei Hälften geteilt, jede in einer der Komplementärfarben rot und grün ausgeführt, wobei die Farben von violett bis purpur und von mint bis bronze reichen. In dieser Dialektik scheint Hughes einen sicheren Ort inmitten des harschen Farbkontrastes und der Vielfalt des Bildes gefunden zu haben. Aber wo sich dieser Ort genau befindet, in der Mitte des Gemäldes mit seinen nervösen Farben oder in seiner beruhigenden Umgebung, bleibt unklar.
In At The Break, formuliert Hughes genau diese Binarität. Die Arbeit zeigt eine Welle, genau an dem Moment, in dem sie bricht und entweder zu etwas Aufregendem oder Bedrohlichem wird – je nachdem, was man in ihr sehen möchte.
Good At Compartmentalizing (gut im Aufgliedern) ist einerseits, durch den Titel, und nur durch ihn, ein ironischer Wink zu denjenigen, die Hughes' Arbeit kommentieren. Andererseits zeigt das Gemälde wie Hughes' Kompositionen zwischen formalem Zugang und narrativem Drang oszillieren: Es zeigt Vulkane kurz vor der Eruption, zu der es aber nie kommt – die Künstlerin lässt die Lava innerhalb der Vulkane bleiben. Aufgliedern ist eine formale Kategorie, wird im Bild aber zu einem natürlichen Teil des Motivs – und der Narration.
Unabhängig von ihrem Format, saugen Hughes' Landschaften den Betrachter völlig auf und laden ihn zur Kontemplation ein – vor allem, weil sie keine Figuren zeigen, seien es Menschen oder Tiere, die die Beziehung zwischen Betrachter und Landschaft stören könnten. Passend zu Hughes’ Begriff von erfunden Landschaften zeigen sie einen inneren Kosmos anstatt tatsächliche Landschaften abzubilden. In der Kombination von hypnotisierenden Farben, vielfältigen Techniken erzeugt Hughes den Eindruck als hätten mehrere Maler an den Gemälden gearbeitet. Sie legt damit eine paradoxe, vielschichtige Subjektivität offen, die ein pulsierendes utopisches Jetzt erzeugt.
Shara Hughes wurde 1981 in Atlanta/Georgia geboren und lebt und arbeitet in Brooklyn, New York. Sie hat einen Abschluss an der Rhode Island School of Design gemacht und später an der Skowhegan School of Painting and Sculpture studiert. Jüngste Einzelausstellungen haben unter anderem stattgefunden im Newport Art Museum, Newport, 2018, USA; in der Gallery Met at the Metropolitan Opera, New York, USA, 2018 und im Museum of Contemporary Art of Georgia, Atlanta, USA, 2018. Im Mai 2018 stellte sie Carving Out Fresh Options fertig, ein großformatiges Wandgemälde in Boston, das von der Rose Kennedy Greenway Conservacy in Partnerschaft mit dem deCordova Sculpture Park and Museum in Auftrag gegeben wurde. Hughes hat an zahlreichen Gruppenausstellungen teilgenommen, die an Orten stattfanden wie dem MASS MoCA, North Adams, USA und dem High Museum of Art, Atlanta, USA. Ebenso war Hughes Teil der Whitney Biennale 2017 im Whitney Museum of American Art, New York, USA. Ihre Arbeiten sind unter anderem vertreten in den permanenten Ausstellungen des Dallas Museum of Art, Dallas, USA; im Denver Art Museum, Denver, USA; dem High Museum of Art, Atlanta, USA; der Jorge M. Perez Collection, Miami, USA; dem Metropolitan Museum of Art, New York, USA; dem Museum of Contemporary Art of Georgia, Atlanta, USA; dem North Carolina Museum of Art, Raleigh, USA; dem Phoenix Art Museum, Phoenix, USA; dem Smithonian American Art Museum, Washington D.C. und dem Whitney Museum of American Art, New York, USA.