Un soir, j’ai assis la beauté sur mes genoux. And I found her bitter and I hurt her zeigt Gemeinschaftsarbeiten von Rosemarie Trockel und Thea Djordjadze. Zwei Installationen, aus den Jahren 2007 und 2008, werden erstmals in Berlin präsentiert. Die Arbeiten setzen sich mit verschiedenen, für die moderne Kunst konstitutiven Themen auseinander: Die Künstlerinnen stellen nicht nur die Grenzen künstlerischer Medien in Frage, sondern auch die Vorstellung von einem Kunstwerk als festes Konzept, sowie dem Ausstellungsraum als Repräsentationsrahmen.
Thea Djordjadze hat während ihres Studiums an der Kunstakademie Düsseldorf bei Rosemarie Trockel studiert. Seitdem haben beide Künstlerinnen mehrfach gemeinsame Projekte und Ausstellungen realisiert. Die kritische Infragestellung von Grenzen, Traditionen und Erwartungshaltungen sowie die Auseinandersetzung mit dem Prozess der künstlerischen Arbeit zieht sich dabei als ein wiederkehrendes Motiv durch ihre Werke. Bei dem Titel der aktuellen Ausstellung handelt es sich um eine Bezugnahme auf Arthur Rimbauds Gedicht Eine Zeit in der Hölle, aus dem Jahr 1873. Wie der Text von Rimbaud, so will auch diese Ausstellung die Erwartungen des Publikums an die Kunst hinterfragen und die fest mit dem Genre verknüpften Vorstellungen von Schönheit und ästhetischer Wahrnehmung neu verorten.
Der schwarz gestrichene Ausstellungsraum erfährt mittels einer eingezogenen Wand eine Unterteilung in zwei Bereiche. Im vorderen Teil wird die großformatige Installation A Ship So Big, A Bridge Cringes (2007) gezeigt. Zur Komposition gehören rückseitig aneinander montierte Leinwände, die in einem leicht erhöht stehenden Wasserbassin platziert wurden und darin zu schweben scheinen. Eine weiße Schnur legt sich als verbindendes Element über alle vier Leinwände und endet im Wasser des Bassins. Aufgrund der Reflektionen im Wasser erfahren die dunklen, beinahe monochromen Leinwände eine visuelle Ausdehnung in den Raum. Auf ihnen sind unter anderem kleine, von Hand bearbeitete Objekte aus Ton, schwarze Wollfänden, sowie Holzelemente angebracht. Sie verweisen auf die Arbeitsweise beider Künstlerinnen, Textilien, sowie selbst geformte und gefundene Objekte in ihre Werke einzubeziehen und stehen für eine immer wiederkehrende Anspielung auf den häuslichen Raum und kunsthandwerkliche Traditionen. A Ship So Big, A Bridge Cringes bewegt sich zwischen dem raumgreifenden Charakter der Reflektionen und der Enge, die durch die lichtabsorbierenden schwarzen Wände erzeugt wird. In ihrer Gesamtheit bilden die verschiedenen Teile eine großformatige Skulptur, die von allen Seiten betrachtet werden kann. Die minimale Beleuchtung ruft eine supranaturale Atmosphäre hervor, die durch die monumentalen Ausmaße der Arbeit verstärkt wird.
Neben A Ship So Big, A Bridge Cringes wird zudem die Installation Lob der Langeweile (2008) präsentiert. Die Arbeit besteht aus mehreren Neons und einem dazugehörigen Seil-System, das über den Köpfen der Betrachter den Raum durchzieht. Die Komposition erinnert an eine Zeichnung, die die Dimensionen des Raumes auslotet.
Rosemarie Trockel gilt seit den 1980er Jahren als eine der vielseitigsten und wegweisendsten Künstlerinnen der zeitgenössischen Kunst. Charakteristisch für ihre Arbeiten sind zyklisch wiederkehrende Themen wie Gender-Fragen, die Hierarchie zwischen Handwerk und Kunst, sowie die künstlerische Produktion selbst. In Collagen, Strickbildern, Skulpturen, Fotografien, Installationen und Videoarbeiten verhandelt die Künstlerin Fragen nach sozialen Rollen, geschlechtsspezifischem Verhalten und kulturellen Codes. Verknüpft werden diese Themen mit Diskursen aus Philosophie, Theologie und Naturwissenschaften.
Thea Djordjadzes Skulpturen und Installationen setzen sich mit den Dimensionen von Zeit und Raum auseinander. Sie verwendet dabei sowohl alltägliche, herkömmliche, wie auch wertige Materialien, indem sie beispielsweise Gips, Textilen und Schaumstoff mit Holz und Edelmetallen kombiniert. Immer wieder stellt die Künstlerin Objekte, die Spuren und Abdrücke menschlicher Körper erkennen lassen, industriell gefertigten Materialien gegenüber. Die Arbeiten konzipiert sie stets in situ, als direkte Reaktion auf den jeweiligen Ausstellungskontext. Auf diese Weise erhalten sie einen fragmentarischen Charakter, der zwischen räumlicher Gestaltung und performativer Geste changiert. Das Themenrepertoire von Djordjadze reicht von Architektur und Literatur bis hin zu Motiven aus Popkultur und Naturwissenschaften und kann als ein Versuch verstanden werden den Kontrast zwischen mentalen und physischen Innenräumen, zwischen Privatheit und öffentlicher Präsenz herauszustellen.
Rosemarie Trockel (*1952, Schwerte) lebt und arbeitet in Köln und Berlin. Ihre Arbeiten wurden in zahlreichen Einzelausstellungen gezeigt, unter anderem in der Pinacoteca Giovanni e Marella Agnelli, Turin (2016), David Roberts Art Foundation, London (2016), Kunsthaus Bregenz (2015), Aspen Art Museum (2014), Serpentine Gallery, London (2013), New Museum, New York (2012), Kunstmuseum Bonn (2011), Kunsthaus Zürich (2011) und Museum Ludwig, Köln (2004). Ausgewählte Gruppenausstellungen sind Wiels, Brüssel (2017), Kunsthalle Wien (2017), Walker Art Center, Minneapolis, ICA Boston und National Museum of Women in the Arts, Washington (alle 2016).
Thea Djordjadze, (*1971, Tiflis) lebt und arbeitet in Berlin. Ihre Ausstellung Jumping out of an age we found uninhabitable ist aktuell in der Triennale di Milano zu sehen. Ferner wurden ihre Arbeiten in Einzelausstellungen, unter anderem in der Secession, Wien, MoMA PS1, New York (beide 2016), South London Gallery (2015), MIT Cambridge (2014), Aspen Art Museum (2013), Malmö Konsthall (2012), Common Guild, Glasgow (2011), Kunsthalle Basel (2009) und Kunstverein Nürnberg (2008) gezeigt. Ausgewählte Gruppenausstellungen umfassen die 56. Biennale von Venedig (2015), dOCUMENTA (13), Kassel (2012) und BB5 – 5. Berlin Biennale (2008).