Analia Saban setzt sich in ihrem Œuvre, das neben Malerei auch Skulptur, Drucktechnik und Fotografie umfasst, mit den physischen Eigenschaften des Mediums Malerei auseinander, um auf diesem Weg verschiedene kunsthistorische Traditionen aufzuschlüsseln. Pigmente die fünfte Einzelausstellung bei Sprüth Magers ist zeitgleich mit ihrer Ausstellung Folds and Faults in der Galerie in Los Angeles zu sehen.
In jüngster Zeit hat sich die Künstlerin intensiv mit der Geschichte der Farbherstellung und ihrer Einflussnahme auf die Kunstgeschichte auseinandergesetzt, wobei sie auf fast mikroskopischer Ebene die enge Beziehung von KünstlerInnen und Materialien aufzeigt. Der Einsatz von Pigmenten in den gezeigten Arbeiten spielt auf historische Stile und Arbeitsmethoden an, und greift darüber hinaus auch moderne Technologien auf.
In einem Werk der Ausstellung trägt Saban partiell gelbe Farbe eines SUV-Kotflügels ab, um diese dann auf eine unbehandelte Leinwand wieder aufzutragen. Das Extrahieren der Autofarbe und ihre Wiederaufbereitung als Pigment erinnert an die im Mittelalter und der Renaissance praktizierte Suche nach edlen Mineralien, aus denen sich Farbe gewinnen ließ. Sabans Werke können als ’Reenactment’ dieses Prozesses verstanden werden.
Auf einer abstrakteren Ebene lässt sich der Vorgang auch bei den vier Arbeiten der Markings-Serie beobachten: Saban extrahiert in diesen Werken die Emulsion von Fotografien und trägt sie auf weiße Leinwände wieder auf. Die Bildoberfläche wird, ähnlich wie die vom Kotflügel abgetragene Farbe, wie Haut beinahe operativ von der Fotografie entfernt. So werden fotografische Abbildungen von Pigmenten benutzt, farbige Streifen oder Bruchstücke einzelner Wörter extrahiert und auf die weiße Leinwand übertragen.
Für die Serien Graphite Cluster und Cochenille Cluster macht sich Saban die Technik der Enkaustik zu eigen - eine bereits im antiken Griechenland verwendete Methode, Pigmente auf Oberflächen zu fixieren. In Graphite Cluster ragen Graphit-Kristalle aus der gleichmäßig schimmernden Fläche einer Graphitstaub-Wachsmischung heraus; für Cochenille Cluster werden Pigmente - entstanden durch das Trocknen und Zerdrücken von Schildläusen - auf die Oberfläche aufgetragen. Der aus Pulver hergestellte Farbfleck, welcher an getrocknetes Blut erinnert, und die silbernen Insekten werden nebeneinander in ihrem rohen und verarbeiteten Zustand gezeigt, und bilden Medium und Trägermaterial der Arbeit. Für Azurite Weft (in Seven Steps) bedient sich Saban einer anderen Arbeitsmethode: tiefblaue Azuritsteine werden in handgewebtes, mit dem Pulver des Minerals gefärbtes, Textil eingenäht.
Saban versucht Kunstdiskurs und –produktion von industriell gefertigten Farben und traditionell hergestellten Pigmenten in ihrer Praxis zu ergründen.
Die Künstlerin beleuchtet das komplexe Verhältnis zwischen Pigmenten, Medium und Trägermaterial; wobei sie ein breites Spektrum von Materialien, angefangen bei frühesten Maltechniken bis hin zu zeitgenössischen industriellen Verfahren, verwendet.
Analia Saban (*1980 in Buenos Aires) lebt und arbeitet in Los Angeles. Ihre Arbeiten wurden in Einzel- und Gruppenausstellungen in amerikanischen und europäischen Museen gezeigt, unter anderem im Blaffer Art Museum, Houston (2016), Rubell Family Collection Contemporary Art Foundation, Miami (2015-2016), LACMA, Los Angeles (2014-2016 und 2012), Nationalmuseum Oslo (2014-2015), Kiosk, Ghent (2015), Armory Center for the Arts, Pasadena (2014), Palais de Tokyo, Paris (2013), MARCO Museo de Arte Contemporánea, Vigo (2012), Centre d'art Contemporain de Fribourg, (2012/2013).