Michał Budny versteht einen Schädel als Resonanzkörper, als eine Art Stimmgabel, als Speicher oder Empfänger unterschiedlicher Vibrationen. Wie in einer leeren Muschel herrscht in ihm ein ständiges Rauschen, er ist, weil ihm die Augen fehlen, auf andere Sinne angewiesen, vor allem auf Rhythmus und Töne, die sich in seinem Inneren aufeinanderschichten und ein ungreifbares Bild im Inneren, vor den Augen der Seele, herstellen.
Die Werke von Budny stellen neue Wahrnehmungsmöglichkeiten her, flüchtige Transparenzen und labile Prozesse der Empfindung. Sie können sich als Bilder oder räumliche Installationen gestalten und veränderliches Licht und Schatten einbeziehen. In seiner neuen Ausstellung tragen die Räume Titel wie „Hymne auf den Weg“, „Hymne auf das Zuhause“, „Hymne auf den Anfang“, seine Werke sind also tonale Fügungen mit lobpreisendem Charakter. Doch das Gepriesene bleibt schwer greifbar und befindet sich im Resonanzraum des Schädels stets im Zustand des Übergangs. Die abstrakten Objekte, ob aus Papier, Karton, Holz oder Metall, sind Andeutungen und entziehen sich bewusst der Eindeutigkeit. In ihrer verführerischen Leichtigkeit, gepaart mit formaler Strenge, sind sie Auslöser von inneren Schwingungen, ihre karge, scheinbar ausdrucklose Materialität bestimmt wesentlich ihre Präsenz.
In „The Song of Skull“ sind die Werke Organismen aus voneinander abhängigen Teilen. Sie führen eine halbmaterielle, delikate Existenz und scheinen ein unzugängliches Eigenleben zu führen. Allerdings sind sie in ihrer Beziehung zum Betrachter im Raum ein möglicher Funke, der vertraute und fremde Erinnerungen in Zeitschleifen aktiviert.
Michał Budny, geboren 1976 in Leszno, Polen, lebt und arbeitet in Prag, war 2007 Teilnehmer der 10. Kleinplastik-Triennale in Fellbach und 2008 der Manifesta 7 im Trentino. Es folgten Einzelausstellungen 2010 in der South London Gallery, 2011 im Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen, Düsseldorf, und im Kunstmuseum Stuttgart, 2012 in der National Gallery of Art, Vilnius, Litauen, und 2015 im Saarlandmuseum, Saarbrücken. Zurzeit sind Arbeiten in der Gruppenausstellung “Late Polishness. Forms of national identity after 1989” im Ujazdowski Castle Centre for Contemporary Art in Warschau zu sehen.
Seine Werke befinden sich in zahlreichen internationalen Privatsammlungen und unter anderem im Kunsthaus Zürich, im Kunstmuseum Stuttgart, dem Museum of Modern Art, Warschau, der Berezdivin Collection, Puerto Rico, dem FNAC, Paris, dem Saarlandmuseum, Saarbrücken, der Vehbi Koç Foundation, Istanbul, der Sammlung KiCo, Bonn, und der Ege Kunst- und Kulturstiftung, Freiburg.