Lars Dittrich und André Schlechtriem freuen sich, die Gruppenausstellung Monet Is My Church mit Arbeiten von Ivan Comas, Travis Lycar, Henning Strassburger und Tyra Tingleff zu präsentieren. Die Schau eröffnet am 16. März 2017 und ist bis zum 13. April zu sehen. In Reflexion auf den gegenwärtigen Stand der Abstraktion in der künstlerischen Praxis hat jede/r der vier Künstler/innen neue Gemälde eigens für eine der vier Wände der Galerie entworfen. Monet Is My Church – der Titel ist einem Kommentar zu einem Instagram-Post entnommen, der eine Frau im Musée de l’Orangerie in Paris vor Claude Monets Seerosen zeigt – wirft einen Blick auf den erhabenen Raum und die oft vergeistigte Architektur, in denen abstrakte Kunst gezeigt wird, im Licht der heute vorherrschenden kurzlebigen und immateriellen Bildschirmräume mobiler digitaler Geräte. Im hohen und tief in den Erdboden eingesenkten Ausstellungsraum in der Linienstraße 23 laden die Gemälde dazu ein, sich noch einmal der Ehrfurcht vor der wahrnehmbaren Erscheinung von Medium und Bewegung hinzugeben.
Die breitformatigen Bilder von Ivan Comas (geb. 1987 in Buenos Aires, Argentinien) verbinden konventionelle Malerei mit einem parallelen digitalen Druckprozess. Der vieldiskutierte geweihte Raum des Gemäldes verschmilzt mit einer synthetischen technischen Intervention. Comas manipuliert einen industriellen Drucker, um malerische Effekte über einer mehrschichtigen Wasserlackbasis zu erzeugen, Zeichen, die gestisch und expressiv anmuten und Repräsentation ins Spiel bringen, als stünden die Formen vor der Implosion. Die fetischisierten Systeme von Malerei und Technologie gehen ineinander über, um den veränderten Wahrnehmungszustand zu erzeugen, in dem Erleuchtung und Versenkung in das Gesehene möglich werden.
Travis Lycar (geb. 1980 in Gimli, Kanada) zeigt ein Paar von auf je 300 x 280 cm vergrößerten Bildern. Durch die Verdopplung von Maßstab, Zeichen, Farbe und Prozess entstehen zuinnerst aufeinander bezogene und unausweichlich verschiedene Arbeiten. Eine zurückhaltende Palette und ein etwas verhaltener Farbauftrag werfen die Frage auf, was ein Gemälde sein kann, wenn es in einem weniger technisch geprägten schöpferischen Prozess Gestalt annimmt, in dem materielle Bezüge keine Rolle spielen und der auf ästhetischen Impulsen beruht, die womöglich wie ein rezessives Gen im Medium schlummern. Eine Auseinandersetzung mit dem Tonfall der Abstraktion als Pseudoreligion mitsamt einem System von Fragen, Zweifeln und Gefühlen, das es im Rahmen einer meditativen Praxis zu verstehen und dann zu bemeistern gilt.
Eine weitere Herausforderung für die so angeregte lesende Versenkung bilden die ins Auge springende digitalere Palette und die flott marktgängigen Druckoberflächen von Henning Strassburger (geb. 1983 in Meißen). Ohne Rückgriff auf emotionale oder gestische Maltechniken bindet Strassburger knappe freihändige malerische Zeichen in beinahe markante und scheinbar grafische Kompositionen ein. Anflüge von Schrift, Symbolik, virtuellen Räumen und vertrauten Realitäten besetzen die Oberfläche der dünn bestrichenen Leinwand.
Tyra Tingleff (geb. 1984 in Oslo, Norwegen) zeigt ein Paar von Bildern, die bestimmte Strategien der Abstraktion zum Einsatz bringen, zugleich aber einen Eindruck unklarer und oft durch die individuellen Wahrnehmung des Betrachters vermittelten Wirklichkeit vermitteln, die für verschiedene Deutungen je nach persönlichem Erfahrungshintergrund offen ist. In Monet Is My Church erscheinen Tingleffs stark bearbeitete Leinwände entweder als still oder aber als geräuschvoll, vielleicht auch als verwirrend, darin einer Echokammer oder Höhle nicht unähnlich. Das kontrastreiche Umfeld verstellt rigorose Interpretationen und lässt so Zerstreuung und Spannung zu. Ein Raum, in dem Sprache unkonkret wird und ganz verschwindet, ermöglicht zuletzt einen vielleicht mystischeren Weg hin zu Sinn und Verstehen.