Die Galerie Mario Mazzoli und die Neuen Berliner Räume freuen sich, die erste Soloausstellung von Guido Canziani Jona in Berlin präsentieren zu dürfen. Zentrales Element der Arbeit von Canziani Jona ist die Zusammenführung von Klang, Video und Malerei zu einem zentralen Werk.

Dabei werden die verschiedenen Elemente nie in eine hierarchische Ordnung gefügt, sondern immer als gleichberechtigte und jeweils zwingend notwendige Bestandteile der Gesamtarbeit. Der Visualisierung des Klangs steht damit stets auch die Vertonung des Bildlichen zur Seite. Die Arbeiten des Künstlers müssen in dieser Hinsicht immer vor dem Hintergrund einer doppelten und ineinander verschränkten Leserichtung gedacht werden. Trotz der Dichte des Zusammenschlusses einzelner Teile bewahren sich die verschiedenen Fragmente der Arbeit dabei aber ihre ästhetische Unabhängigkeit.

Sowohl die malerischen als auch die klanglichen Bestandteile von Canziani Jonas Arbeit tendieren immer wieder hin zu einer ausgeprägt narrativen Qualität. Auf dieser Ebene spielt der Künstler bewusst mit den Hörgewohnheiten des Publikums, indem seine Arbeiten vertraut scheinende Klangmomente aufrufen, nur um sie dann abrupt wieder verschwinden zu lassen. Auch in den visuellen Elementen der Werke finden sich immer wieder Andeutungen auf konkrete Bilder, die aber im letzten Moment ins Abstrakte zurückweichen.

Ein weiteres Element des Erzählerischen in Canziani Jonas Arbeiten ist die klare Setzung von Anfang und Ende. In den Werken N-Code und Im-Pulse beispielsweise bewegen sich die Arbeiten für den Betrachter und Zuhörer nachvollziehbar von einem Beginn hin zu einem Höhepunkt und Ende: In den in das Material gefrästen Linien lässt sich diese Erzählung nachvollziehen. Sound und Video bewegen sich dabei als Geschichte über und durch die Arbeit hindurch. Dort, wo die Malerei die Bewegung nur andeuten oder umreißen kann, wird sie von Video und Klang aufgenommen. Licht und Klang erlöschen dabei dem Ende gemeinsam und lassen das Bild in Stille und Dunkelheit zurück. Trotzdem bleiben die Linien der Erzählung weiter sichtbar und deuten immer bereits auf das erneute Aufleben der Arbeit hin, auf ihr Potential. Jede Stille und Dunkelheit ist damit stets ein bewusst gesetzter Spannungspunkt, ein präzise kalkuliertes Warten lassen und eine Herausforderung der Aufmerksamkeit des Publikums: In jenem Moment, in dem sich Betrachter und Zuhörer abzuwenden beginnen, fängt die Arbeit an, sich von Neuem zu erzählen.

Der Hang zum Narrativen ist symptomatisch für das Grundanliegen des Künstlers, mit seinen Arbeiten einer Idee von Lebendigkeit nachzuspüren. Dafür findet Canziani Jona in der immer stärkeren Verschränkung von Video, Malerei und Klang eine künstlerische Ausdrucksform. Der Prozess des Verschmelzens wird hier jedoch nicht verdeckt. Es geht ganz im Gegenteil vielmehr um das Erzeugen und Sichtbarmachen jener Spannungsfelder, die durch die Zusammenführung eigenständiger Elemente entstehen. Der energetische und von harten Brüchen durchsetzte Klang weist genauso darauf hin, wie Canziani Jonas oft martialischer Umgang mit dem Material: erst durch das Einbrennen oder Einschneiden von Holz, Kupfer oder anderen Materialien schafft der Künstler die Linien seiner Erzählung. Die Risse, Schnitte und Eingravierungen in den Werken sind sowohl symbolischer Ausdruck als auch faktischer Verweis auf die physisch-elementare Kraft mit der der Künstler immer wieder gekonnt spielt. Und gerade in jenen Momenten in denen die Arbeiten schweigen und leblos erscheinen, entsteht ein Moment sich aufladender Spannung, der sich mit jedem neuen Loop entlädt und zu beweisen scheint. Erst vor dem Hintergrund der scheinbaren Leblosigkeit der Arbeit macht sich ihre Kraft letztendlich erfahrbar.

Die PhoTonen-Serie bildet einen der Ausgangspunkte für die Ausstellung, da sie die einzigen Arbeiten repräsentiert, die noch ohne Videokomponente entstanden sind. Als Gegenüber dürfen wir die Arbeit E-merge betrachten, die ursprünglich nur als Bild geschaffen wurde. Und obwohl Klang und Video erst später ergänzt wurden, sind diese Komponenten auch hier keine reinen Hinzufügungen. Canziani Jona gestaltete durch das Einschneiden der Oberfläche das Bild um und schuf damit Freistellen, um Klang und Video einen Raum zu geben. Die Notwendigkeit des Nebeneinanders und Ineinanders wird hier vom Künstler fast gewaltsam von seinen Arbeiten eingefordert und die Idee der Vitalisierung des Statischen lässt sich hier in besonderer Weise nachvollziehen: Der Klang ist immer die vollkommene Durchdringung des Bildes und das Bild ist die volle Entsprechung des Klangs. Diese totale Gleichzeitigkeit, diese absolute Verschmelzung aller Teile hin zu einer mit Energie förmlich aufgeladenen Arbeit ist das Ziel dieses künstlerischen Projektes.

Guido Canziani Jona (*1974, Mailand) lebt und arbeitet in Berlin. Seine Arbeiten wurden international ausgestellt, u.a. auf der Land Art Biennial 2010 (Mongolian National Modern Art Gallery), sowie beim Digital Art and Sound Weekend 2011 (transmediale und CTM). Im vergangenen Jahr war Canziani Jona in der Gruppenausstellung Claim vertreten. A Synthesis. Emerging as one ist die erste Soloausstellung des Künstlers in Berlin.

Text Manuel Wischnewski

Galerie Mario Mazzoli
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