Hauser & Wirth freut sich, Guillermo Kuitcas dritte Einzelausstellung, 'L'Encyclopédie Nos. I, II, III, IV, V, VI’, in Zürich anzukündigen. Guillermo Kuitca (geboren 1961, Buenos Aires) zählt zu den bedeutendsten lateinamerikanischen Künstlern der Gegenwart. Er bedient sich unterschiedlicher ikonographischer Formen, wie z.B. Architekturpläne, Landkarten, Theater, Musikpartituren und Wohnräume, um Themen wie die strukturierte Abwesenheit, Geräusch und Stille sowie die Spannung zwischen empirischer Abbildung und abstrakter Form zu untersuchen.
In den oberen Galerieräumen des Löwenbräus präsentiert Kuitca eine Reihe von Graphitwerken auf Leinwand. Die Arbeiten ‚L’Encyclopédie Nos. I, II, III, IV, V, VI’ sind Teil einer fortlaufenden Serie, die Kuitca in den späten Neunzigern initiierte. Der Künstler berief sich hierbei auf Gravuren von architektonischen Grundrissen, wie sie in der vom Philosophen Denis Diderot herausgegebenen ‚Encyclopédie’ aus der Zeit der Aufklärung dargestellt sind. Die utopische Vision dieser ‚Encyclopédie’ aus dem 18. Jahrhundert, alles Wissen zu sammeln und zu dokumentieren, scheint heute dank allumfassender und unentwegt wachsender digitaler Bibliotheken und Online-Archive greifbarer denn je. Im Gespräch mit Hans-Martin Herzog meint Kuitca: „Mich interessiert der fundamentale Widerspruch zwischen einem Medium wie jenem der Malerei, das so spezifisch und partiell ist, und dem Abgrund einer ungeheuren Sammlung von Dingen.“
In seinen frühen Werken aus der Reihe ‚L’Encyclopédie’ transformiert Kuitca Reproduktionen von Plänen für Marmorböden, indem er die Tinte auf der Leinwand mit Wasser versetzt. In der Folge lösen sich die architektonischen Details auf und die Marmorstruktur erscheint gleichsam flüssig. In den Titeln dieser frühen Werke widerspiegeln sich die monumentalen Bauwerke, so wie sie in Diderots ‚Encyclopédie’ beschrieben sind, wie z.B. in ‚Untitled (Marble Flooring Plan of Val-de-Grâce, Paris)', das im Jahr 2000 in Kuitcas Einzelausstellung in der Fondation Cartier pour l’art contemporain in Paris zu sehen war.
In den frühen 2000er Jahren begann Kuitca damit, dieselben Faksimiles zu manipulieren, aber diesmal waren sie auf beschichtetes Fotopapier gedruckt. Die Oberflächen scheinen zugleich zu explodieren und kollabieren – ein Effekt, der sich aus einer Ablösung der verschiedenen Papierschichten ergibt, wodurch Fragmente des Bildes aufgelöst, auseinandergetrieben und wieder zusammengefügt werden. Mit Graphit wurden die durchbrochenen Pläne minutiös auf Leinwand transponiert. Die sich in Zeitlupe über die ganze Leinwand hinweg abzeichnende Auflösung erinnert an die hypnotisierende Schlusssequenz aus Michelangelo Antonionis Kultfilm ‚Zabriskie Point’ aus dem Jahr 1970, in der sich die Trümmerwolke eines explodierenden Gebäudes zu den Bildrändern hin ausdehnt.
L'Encyclopédie Nos. I, II, III, IV, V, VI’ deuten auf Kuitcas Interesse für die Sequenz als Ausdruck von Zeit hin und spielen auf die Bewegungen einer Partitur an. Der ursprüngliche architektonische Verweis ist gänzlich aus dem Titel verschwunden; Stille durchdringt die diagrammatischen Graphitdarstellungen.
2009 zeigte das Miami Art Museum in Miami, Florida eine grosse Retrospektive von Kuitcas Werk. Die Ausstellung mit dem Titel ‚Guillermo Kuitca: Everything, Paintings and Works on Paper, 1980 – 2008’ gastierte anschliessend in der Albright Knox Art Gallery in Buffalo, New York (2010), im Walker Art Center in Minneapolis, Minnesota (2010), und im Hirshhorn Museum sowie im Sculpture Garden in Washington DC (2010 / 2011). 2007 vertrat Kuitca Argentinien an der Biennale di Venezia. Im Jahr 2012 präsentierte Kuitca die Soloausstellung ‚Diarios’ im Drawing Center in New York, die 2013 im Eli and Edythe Broad Art Museum in Michigan und im Museum of Contemporary Art in Denver auf Tournee ging. 2013 war Kuitca zweiter Hauskünstler von Hauser & Wirth Somerset und zeigte dort eine permanente, standortspezifische Installation. Im Juli 2014 richtet die Pinacoteca do Estado de São Paulo eine umfassende Retrospektive über Kuitcas Werk aus, die an der Bienal de São Paulo zu sehen sein wird.
Galerie Hauser & Wirth
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Abbildungen
- Guillermo Kuitca, Encyclopédie VI, 2010, Acrylic and grahite on canvas, 196 x 148 cm / 77 1/8 x 58 1/4 in, © Guillermo Kuitca, Courtesy the artist and Hauser & Wirth, Photo: Alex Delfanne
- Guillermo Kuitca, Encyclopédie III, 2010, Acrylic and grahite on canvas, 196 x 151 cm / 77 1/8 x 59 1/2 in, © Guillermo Kuitca, Courtesy the artist and Hauser & Wirth, Photo: Alex Delfanne
- Guillermo Kuitca, Encyclopédie II, 2010, Acrylic and grahite on canvas, 196 x 144.5 cm / 77 1/8 x 56 7/8 in, © Guillermo Kuitca, Courtesy the artist and Hauser & Wirth, Photo: Alex Delfanne
- Guillermo Kuitca, Encyclopédie IV, 2010, Acrylic and grahite on canvas, 196 x 144 cm / 77 1/8 x 56 3/4 in, © Guillermo Kuitca, Courtesy the artist and Hauser & Wirth, Photo: Alex Delfanne
- Guillermo Kuitca, Encyclopédie V, 2010, Acrylic and grahite on canvas, 196 x 148 cm / 77 1/8 x 58 1/4 in, © Guillermo Kuitca, Courtesy the artist and Hauser & Wirth, Photo: Alex Delfanne
- Guillermo Kuitca, Encyclopédie VII, 2010, Acrylic and grahite on canvas, 196 x 153 cm / 77 1/8 x 60 1/4 in, © Guillermo Kuitca, Courtesy the artist and Hauser & Wirth, Photo: Alex Delfanne