Blain|Southern Berlin zeigt eine Übersichtsschau der Arbeiten des französischen Konzeptkünstlers Bernar Venet (geb. 1941, Château-Arnoux-Saint-Auban, Frankreich). Ausgestellt werden Venets Continuous Curve Serie, eine Weiterentwicklung der bekannten Indeterminate Line Skulpturen, von denen auch mehrere Arbeiten gezeigt werden, sowie dazugehörige Zeichnungen.
Fünf große, freigestellte Indeterminate Line Skulpturen aus verschlungenem, gerolltem Stahl bespielen das Erdgeschoss der Galerie. Ihre Ordnung und Balance finden die Skulpturen in ihrem Gegengewicht aus den augenscheinlichen Verschlingungen, die zu einem scheinbar wilden Haufen zusammenfallend den Eingang versperren. Venet beschreibt diese Effondrement: Five Indeterminate Lines und die anderen Indeterminate Lines als „das Ergebnis von improvisierter, intuitiver und empirischer Arbeit. Diese Skulpturen erschaffen sich nicht selbst. Man muss ihre Entstehung erlebt haben, um zu verstehen, wie schwer es ist, diese Stangen aus Vierkantstahl mit ihrem Durchmesser von bis zu 11 cm zu biegen. Nur dann versteht man die Gefahren, denen ich mich aussetze und die körperliche Anstrengung, die ich aufbringen muss. Ich muss jedes Mal von Neuem improvisieren, um das gewünschte Ergebnis zu erreichen“.
Das Obergeschoss der Galerie ist Venets neuen Wandarbeiten gewidmet, die er Continuous Curves nennt. Wie auch die anderen Arbeiten der Ausstellung finden diese mit dem Schneidbrenner aus Stahlplatten geschnittenen Werke ihren Ursprung in dem persönlichen Interesse des Künstlers an der Mathematik. Mit ihren reduzierten aber beeindruckend einfachen Linien positionieren sie sich zwischen den skulpturalen Arbeiten und den Arbeiten auf Papier, die sich wiederrum auf Venets Continuous Curves, und Indeterminate Lines berufen. Diese Graphitzeichnungen und Collagen aus in schweren Ölkreiden gezeichneten Linien werden durch einen vergleichbaren – obwohl weniger industrieverwandten – Prozess hergestellt, wie die brandgeschnittenen Arbeiten des Künstlers.
1941 in Château-Arnoux-Saint-Auban in Südfrankreich geboren, wurde Bernar Venet in den späten 1960er Jahren in der New Yorker avant-garde Szene bekannt. Er war zusammen mit Künstlern wie On Kawara, Lawrence Weiner und Joseph Kosuth an einer radikalen neuen Idee einer Kunst unter Einbeziehung von Mathematik und wissenschaftlicher Sprache beteiligt.
In den späten 1970er Jahren stellte Venet fest, dass die geometrischen Begriffe, die einen Umriss bestimmten, es ihm erlaubten sich mit einer ästhetischen Herangehensweise zu beschäftigen, die er bis dahin gescheut hatte. 1979 wurde der Umriss selbst zum Werk; Venet schuf Position of an Indeterminate Line und verschob sein Hauptaugenmerk weg von der puren Geometrie. Zufällig und ohne Werkzeuge erschaffen, stand seine Arbeit aus Graphit auf Holz in scharfem bildlichem Kontrast zu seinen früheren Werken. Der Einsatz des Zufalls in seiner Arbeit schuf im Laufe der Zeit vielfältige Möglichkeiten zur Erkundung einer neuen Bildsprache für Werke, die der Mathematik verhaftet bleiben.
Sei es durch die Geometrie bestimmt oder unbestimmt, das Relief in den wandbasierten Arbeiten Venets näherte sich mit der Zeit mehr immer mehr der Skulptur an, um 1984 mit Indeterminate Line das erste Mal Wand und Boden zu verbinden. Seine freistehenden dreidimensionalen Skulpturen Arcs, Angles, Straight und Indeterminate Lines befinden sich in den Sammlungen wichtiger Museen, wie dem Centre Pompidou, Paris; Guggenheim, New York und MoMA, New York. Venets Arbeiten sind international ausgestellt worden, darunter im Schloss von Versailles sowie jüngst in einer Retrospektive im MAC in Lyon. Eine Auswahl seiner Skulpturen bereist seit 1994 verschiedene Städte der Welt.