Das Licht in der Kunst. Von der Landschaftsmalerei des 18. Jahrhunderts zu den farbigen Lichtwellen (im 21. Jahrhundert) in New York. James Turrell, eine Retrospektive im Guggenheim.
Im Gespräch über Licht in der Kunst wird William Turner, einer der bekanntesten Künstler des 18. Jahrhunderts, sofort mit diesem Ansatz in Verbindung gebracht.
Der Maler und Gravieret, der die Landschaftsmalerei zu einer kunsthistorischen Ebene erhob, hat seine Karriere an der Royal Academy of Arts in London begonnen. Sein Interesse galt zuallererst der Architektur, später beschäftigte er sich mit der Malerei, die sich dann zur Landschaftsmalerei weiterentwickelte. Der Kunstkritiker David Piper definierte seine Bilder als “fantastische Rätsel”; John Ruskin sprach von Ihm als der Künstler, der besser als jeder andere “den Humor der Natur in emotionaler und authentischer Art und Weise” wiedergeben konnte.
Wie nur wenige seiner gleichaltrigen war Turner in der Lage, Naturkatastrophen und Phänomene unserer Erdatmosphäre – wie das Sonnenlicht, den Wind, den Regen und den Nebel faßbar und real darzustellen, die im Betrachter heute noch tiefe Emotionen hervorrufen. Für Turner stellt das Licht die Emanation des göttlichen Geistes dar. Die lange Forschung, die er der Repräsentation dieser natürlichen Manifestation widmete, gab Ihm den Spitznamen “Maler des Lichtes”.
Hundert Jahre später, so scheint es, hat Turner einen ernsthaften Konkurrenten zum Thema "Lichtstrahlen" bekommen. Soeben hat die Ausstellung Atken Reign im Guggenheim eröffnet, eine Solo Show des Amerikanischen Künstlers James Turrell (Los Angeles, 1943). Er ist auch unter dem Namen “Experte des Lichts” bekannt.
Die ikonographische Rotunde von Frank Lloyd Wright ist in eine monumentale Rauminstallation verwandelt worden. Der weiße, weiche Raum des Museums wird von farbigem Licht erfüllt, welches sich in elliptischen Kreisen bis zum Dach hochwindet. Die bunten Töne der Lichtstrahlen wechseln langsam aber stetig. Sie hypnotisieren den Zuschauer der nicht mehr unterscheiden kann, welche Farbe er denn nun grade sieht. Weiss wird zu Rosa, Gelb zu Orange. Grün ist nicht mehr Grün sondern plötzlich Blau. Unser Blick wird von Lila umschlossen bis unsere Retina Rosa wieder spiegelt. Zwischendrin nehmen wir Türkis, Grau und die ganze Palette des Regenbogens wahr, ohne das es uns möglich ist, einem Moment eine bestimmte Farbe zuzuordnen. Die Wahrnehmung von Raum, Zeit und anderen visuellen Eindrücken ist verloren. Der Eindruck entsteht das Turrell die Erforschung des Lichts von Turner fortführt und dabei die traditionellen Maltechniken mit Methoden der fortgeschrittenen Technologie herausfordert.
Seit fast 50 Jahren erkundet Turrell die Effekte, die das Licht auf unser tägliches Leben hat – nicht nur in der Architektur sondern auch im soziologischen, psychologischen und physischem Bereich. Als Mitbegründer der Gruppe Light & Space (1968, Los Angeles) experimentierte Turrell in seinem Studio in Santa Monica mit einfachen Materialien, die bald zu seinen ersten künstlichen Lichtobjekten in Wohnräumen und im öffentlichen Raum führten, sogar in der offenen Natur einen Lichtraum schafften.
Durch den Gebrauch von Scheinwerfern, transparenten oder reflektierenden Materialien, spielt er mit dem Licht und projiziert somit dieses Element als ein sensorielles Phänomen – unter bestimmten räumlichen und atmosphärischen Konditionen betrachtet.
Cross Corner Projections ist ein Beispiel für dieses Phänomen. Aus kleinen Metallschienen wird Licht in präzisen Winkeln auf Mauerecken projiziert, der Zuschauer meint einen soliden Lichtkubus zu sehen.
Sein bekanntestes Werk ist Roden Crater, ein verloschener Vulkankrater in Arizona, den er in eine Open-air Beobachtungsstelle verwandelt hat, um die Sternenbewegungen zu verfolgen – philosophisch betrachtet, unserem Sein nachgehen zu können. Der Bau dieses enormen Werkes ist noch in Fertigstellung und befindet sich momentan in Phase 3.
Die Werke Turrells fordern demnach die Sinnesgewohnheiten der Zuschauer heraus indem sie Sie umwickeln, täuschen und bezaubern… bis der Betrachter gezwungen wird, seine eigene Meinung über das Licht zu überdenken.
Beim Eintreten ins Guggenheim treffen wir auf hunderte von Personen, sitzend oder liegend, von Farbfeldern bandagiert und gefesselt von der LED-gesteuerten Phantasmagorie, die Ihre Vision von Raum und Licht verändert.
“Das Licht hat eine sehr starke Potenz”, erklärt Turrell. “Wir habe eine ur-instinktliche Bindung zum Licht, und obwohl diese so stark ist, sind die Situationen, in denen wir Es empfinden, oft sehr zerbrechlich. Ich mag es so damit zu arbeiten, daß man es körperlich Wahrnehmen kann, daß man erkennen kann wie Licht einen Raum bewohnen kann. Mein Wunsch ist, Situationen herzustellen, in denen man auf eine Reise ins Unbekannte aufbricht die letztendlich zu einer ganz persönlichen Erfahrung wird. “
Noch nie hat das Guggenheim in New York eine derartige dramatische Verwandlung erlebt. Die monumentale Installation fungiert als zentrale Säule der Ausstellung, begleitet von einer Reihe anderer wichtiger Werke, die seine künstlerische Laufbahn regelrecht „erleuchten“.
James Turrell
Solomon R. Guggenheim Museum
1071 Fifth Avenue,
New York, USA
www.guggenheim.org